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Der Show-Off-Kasten

Ich weiß, dass ich das Reisetagebuch unseres Afrika-Abenteuers immer noch nicht aufgearbeitet habe. „Der Mann mit den Fotos…“. Ihr kennt die Ausrede.
Um aber wenigstens in den heimischen vier Wänden ausreichend angeben zu können, wollte ich schon lange einen Abenteuer-Schrein basteln. Neben den Tonnen von Fotos habe ich nämlich auch reichlich gegenständliche Andenken mitgebracht, welche jeder für sich eine gute Geschichte abgeben.
Mir schwebte ein klassischer Schaukasten vor, wie er gerne für Aushänge verwendet wird. So könnte man die Dinge in Ruhe begucken ohne dass sie Staub ansammeln oder sich der reichlich vorhandene Wüstensand in der Wohnung verteilt.
Nachdem bei eBay Kleinanzeigen lange Zeit nix passendes auftauchte, fand sich vor wenigen Monaten ein großer NOS-DDR-Schaukasten aus Kiefernholz inkl. Schloss und Schlüssel:
Schaukasten roh
Der Verkäufer wollte 40 € für den Kasten. Für 15 € konnte ich ihn mitnehmen, nachdem er einsah, dass er ihm ansonsten nur weiter vor den Füßen rum steht.
Glücklicherweise war der Kasten nie montiert und immer im trockenen gelagert worden, so dass das unbehandelte Holz noch sehr schön aussah.
Lediglich das sehr rustikale DDR-Finish und eine dicke Staubschicht musste ich mit dem Delta-Schleifer und Schleifpapier entfernen.
Als der Kasten die Haptik eines Babypopos hatte, habe ich ihn mit Holzöl von IKEA behandelt:
Holzöl
Nachdem das Öl gut eingezogen war, habe ich alles kräftig mit einem Lappen poliert. Die Maserung  kommt so sehr schön zur Geltung:
Schaukasten geölt
Eigentlich war der Kasten für eine Quermontage gedacht. So dass das Schloss quasi „oben“ ist. Das passte aber nicht mit meinem Plan im unteren Teil der Fensterscheibe eine Leiste zu montieren, so dass ich dort extra mitgebrachten Sahara-Sand einfüllen kann (Idee von Tobias). Dementsprechend musste ich den Kasten auf die Seite drehen, was wegen des „Dachüberstands“ nicht 100% hübsch ist. Kommt ganz viel Zeit, kommt daher neues Seitenteil.
Bis dahin habe ich ihn erstmal bestückt und im Wohnzimmer aufgehangen:
Schaukasten fertig außen
Wenn Gäste an Details interessiert sind, kann man den Kasten einfach öffnen und sie mit Anekdoten zu verschiedenen Exponaten langweilen:
Schaukasten fertig innen
Die Innenseite des Schaukastens mit dem Holzöl zu behandeln, war übrigens keine Glanzleistung von mir, da nun die ansonsten gerne verwendeten Tesa Powerstrips nicht mehr halten und ich alle Fotos mit mikroskopisch kleinen Nägeln befestigen musste. Mein Daumen kann ein Lied davon trällern. Allerdings konnte ich so die anderen Andenken einfach aufhängen. Auf dem Bild fehlen sogar noch ein paar Teile.
Alles in allem bin ich ganz zufrieden, wenigstens diesen Teil unserer Reise aufgearbeitet zu haben.

Tag 5 : Torremolinos – Larache

Tag 5 : Torremolinos – Larache ??? km
Tag 5: Torremolinos - Larache
Wir haben es ausnahmsweise fast pünktlich los geschafft! 7:07 Uhr rollten wir vom Hof. Langsam bekamen wir Routine.
Der Weg nach Algeciras war nur ein Katzensprung. Jedoch sollte uns ein Navigationsfehler zum Verhängnis werden. Kaum biegt man einen Kreisverkehr zu früh ab, schon landet man auf einer Mautstrecke… Natürlich wollte uns die Dame im Kassenhäuschen nicht ohne zu zahlen wenden lassen. So mussten wir pro Auto 0,85€ zahlen und, nachdem wir 20 Meter weiter umgedreht hatten, wieder 0,85€ für den Rückweg berappen. Auf dem letzten Meter ging also unser „0€-Maut-Plan“ in die Hose… „ambitious but rubbish“…
Der Fährhafen selbst, war leicht zu finden. Der Ableger nach Tanger jedoch nicht. Wir irrten für ca. 20 Minuten im weitläufigen Hafengelände umher, um dann schlussendlich zufällig richtig zu landen.
Mit großer Befriedigung stellten wir fest, dass wir mit die Ersten vom Rallye-Tross am Fähranleger waren.
Arriving In Time
Unsere Streckenwahl am Mittelmeer entlang war also ein rund um voller Erfolg! Tobias hatte tolle Arbeit geleistet!
Da wir schon um 9:30 Uhr am Anleger waren, unsere Fähre aber erst um 12 Uhr ablegen sollte, beschlossen Tobias und ich noch Sprit für Cobra II und uns zu besorgen. Nach kurzer Diskussion schätzten wir unseren Bedarf auf 96 Dosen Bier. Um die Ausgewogenheit unserer Ernährung sicher zu stellen, kauften wir San Miguel, Supersol-Hausmarke und Cruz Campo. Alles natürlich pfandfrei. Wir waren gespannt, ob der Vorrat reichen würde, bis wir muslimisches Gebiet wieder verließen und ob wir es durch die jeweiligen Grenzkontrollen geschmuggelt bekommen würden. Die anderen Rallye-Teilnehmer waren da sehr skeptisch.
Passend zum beladen des Schiffs waren wir wieder zurück am Anleger.
Boarding The Ferry
Kaum hatte unser Seelenverkäufer gen Afrika abgelegt, ging die Nachricht um, dass wir uns auf dem falschen Schiff befänden….
Als die Orgas, welche die Zoll- und Einreiseformalitäten für uns erledigen sollten, auf die Fähre wollten, war diese schon voll und sie mussten auf die Nächste warten…
In der Konsequenz machten wir schon auf der Fähre erste Erfahrungen mit afrikanischer Bürokratie: Wir mussten 30 Minuten für ein Formular anstehen, das jeder anders interpretierte und ausfüllte.
Customs
Der Inhalt schien den Grenzbeamten aber egal. Hauptsache, er konnte alle seine Stempel benutzen!
Das alles tat der Stimmung aber keinen Abbruch und so warfen wir voller freudiger Erwartung die letzten Blicke auf den europäischen Kontinent.
PB110146
Im Hafen von Tanger empfing uns eine Meute von „Schleppern“, welche einem bei den Zollformalitäten behilflich sein wollten. Es war teilweise ein echter Spießrutenlauf. Am effektivsten erwies es sich, sein Auto zu verlassen und in einer Gruppe zwischen den Fahrzeugen zu verharren. Hier sahen wir auch zum ersten Mal das Team „Bayern“, welches mit ihrem Magirus Deutz FM 130 D9 FA die schwerste Konkurrenz für unsere Eier darstellte.
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Nach über 2 Stunden und mit Hilfe der inzwischen eingetroffenen Orgas durften wir endlich noch mehr Zettel und Durchschriften ausfüllen (natürlich wieder ohne Plan) und endlich Tanger, dass Tor Afrikas betreten!
Ab nun war alles anders!
Wenn die Kreisverkehre in Spanien schon chaotisch waren, dann war der Verkehr ab Tanger die Ausgeburt eines Irren im Fieberwahn! Es herrscht totale Anarchie, welche lediglich der Regel „Insch Allah“ („so Gott will“) folgt:
„Wenn Gott will, dass mich jemand tot fährt, dann passiert es auch. Egal ob ich vor dem überqueren der Straße gucke oder nicht. Also brauche ich auch nicht zu gucken.“
Sobald man sich als Europäer dieser Mentalität anpasst und jegliches Fahrschulwissen über Bord wirft, verliert der höllische Verkehr einiges von seinem Schrecken.
Ich schreibe diese Zeilen übrigens gerade, während Antje mit ca. 100 km/h Eselkarren und frei laufende Ziegen umkurvt…
Da wir von Tanger aus nach Larache nicht die Mautstraße nehmen wollten, mussten wir uns ohne Roadbook durchschlagen. Unser eigenes endete ja mit Europa. Ab jetzt waren wir auf die Orgas und unsere Straßenkarten angewiesen. Nach einigem suchen fanden wir ein paar Rallyeteilnehmer, die wussten, wo der Campingplatz sein sollte.
Dort angekommen schlugen wir schnell unsere Zelte auf und gingen an das Projekt des Abends:
Cobra I vom Dachgepäckträger befreien!
Ich hatte mir überlegt, dass die beiden Ersatzräder vom Dach und die Klappstühle auch anders unter zu bringen sein müssten. Zur Belustigung der Umsitzenden spielten Tobias und ich dann stundenlang 3-D-Tetris mit dem Gepäck, bis wir mehr als genug Platz geschaffen hatten. Wir erwarben uns an diesem Abend den Spitznahmen als „Die, die so gerne packen“.
Antje erwärmte uns in der Zwischenzeit zwei leckere Dosen Gulasch-Nudeltopf. Gegen 22:30 Uhr waren wir mit unserer Umräumaktion fertig und in einem feierlichen Akt flog der Träger vom Dach. Ab jetzt gings oben offen durch Afrika!
Anschließend gingen wir noch eine Runde über den Zeltplatz und inspizierten die ersten Opfer unter unserer Konkurrenz.
Ein Landrover hatte in Frankreich einen der Nissan Patrol angestupst.
PB120148
Rallyeinterne Blessuren quasi.
Ein anderer Patrol war mit Getriebeschaden ausgefallen (es ging nur noch in der Geländeuntersetzung vorwärts) und die Jungs schraubten bis tief in die Nacht um ihn wieder flott zu bekommen.
PB120152
Auf unsere gelungene Umpackaktion gab es noch ein paar Dosenbier und dann krochen wir kaputt aber sehr zufrieden in unsere Schlafsäcke.