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Tatra 613 & 700 – Der V8 vom großen Bruder

Ihr seid zusammen mit der klassischen VW Gemeinde der Meinung, das Wasser Teufelszeug ist, weil „Luft kocht nicht, Luft friert nicht, Luft ist überall„?
Allerdings sind euch die maximal 6 Zylinder, die Porsche euch andrehen will zu wenig?
Aber dem Klassenfeind habt ihr noch nie getraut?
Außerdem bauen die ihre Motoren immer an der falschen Stelle im Auto ein?
Alles klein Problem!
Das sozialistische Brudervolk aus der Tschechoslowakei hat da was für euch im Programm.
Den ausgereiften Auto-Nerds unter euch ist der Hersteller Tatra mit seinem Kadermobil Tatra 603 sicherlich ein Begriff:

Weniger bekannt sind die beiden Nachfolger des 603.
1974 folgte der Tatra 613:

Das herrlich kantige 70er-Design stammt von Vignale aus Italien.
Glücklicherweise hielten die Kommunisten aber dem luftgekühlten 3,5l V8 im Heck (!) die Treue:

Eine absolute Augenweide, wie ich finde.
Belüftet wird das ganze über Schlitze in der Motorhaube. Ein großartiges Detail finde ich auch die finnenartigen C-Säulen:

Durch seine lange Bauzeit von 1974 bis 1996 gab es natürlich einige Facelifts und Änderungen.
Das ganze gipfelte dann in der Version „Tatra 613-4 MiLong“ von 1995 (V8-3495 ccm, Benzineinspritzung, luftgekühlt, 200 PS, 230 km/h)

Das Interieur durfte bei solch erlesenen Fahrgästen natürlich auch dem westlichen Standard in nichts nachstehen:

Wobei das verbaute Lenkrad natürlich nicht original ist.
Auch auf den Rücksitzen reiste es sich bequem bis zur nächsten ZK-Sitzung:

1996 überlegte sich Tatra, dass es Zeit für eine neue Oberklasselimousine würde.
So folgte auf den 613 der Tatra 700:

Zwar sieht die Front aus, als hätte da jemand zu lange am 90er-D&W-Katalog geschnüffelt, aber wo nix zu kühlen ist, muss auch kein Kühlergrill hin. Die kleinen Schweinsäuglein als Scheinwerfer wirken dementsprechend natürlich verloren an dem großen Wagen. Ich finds jedoch mal wieder geil.
Für seinen Innenraum muss sich der 700 (ebenfalls) nicht schämen:

Auch hier ließ sich Tatra zum Glück zu keinen Experimenten hinreißen. Der luftgekühlte V8 blieb erhalten. Er bekam lediglich ein Update in Form einer Multipoint-Einspritzanlage und eines 3-Wege-Katalysators. Dank dieser Modernisierungsmaßnahmen soll der Verbrauch bei lediglich 12,5l/100 km liegen.
Allerdings rochen die Tatra-Techniker anscheinend eine Muscle-car-Ära im Ostblock aufkeimen und stellten dem kleinen 201 PS-3,5l noch einen mächtigen 408 PS-4,4l-Motor zur Seite. Der sorgte dann für akkuraten Schub bis Tempo 250. Keine Ahnung, wo man das damals im Ostblock fahren sollte, aber die Grenzen waren ja nun offen. „Deutsche Autobahn gut!
Mir völlig unverständlicherweise wurde der Wagen kein Renner und damit zu Tatras Schwanengesang im PKW-Bereich.

Blut geleckt?
Kein Problem. Die einschlägigen Internetplattformen haben da verschiedenes im Angebot…. Für jeden Geldbeutel etwas.
Die Tatra-Szene ist sehr rege und hilft mit Ersatzteilen die (nach meinem Eindruck) recht gut verfügbar sind.
Weitere Infos findet ihr zum 613 auch hier. Wenn ihr erstmal schnuppern wollt, so bietet sich Anfang August das 17. internationale Tatra-Treffen in 49681 Garrel (Münsterland) an.
Ihr kauft grundsätzlich nur Neuwagen? Auch kein Problem.
Die tschechische Firma „S.O.S. Tatra“ hat noch ein paar Rohkarossen vom 700 liegen und zimmert euch auf Bestellung daraus einen Neuwagen….

Nachtrag:
Ich bin bei youtube über eine englische Version des Präsentationsvideos des Tatra 700 gestolpert.
Allerliebst:
http://www.youtube.com/watch?v=9hPMnBRFbyQ

Und auch Top Gear hat mal den „neuen“ 613 getestet: