Hängt sie höher

Die Weihnachtszeit ist bei uns traditionell auch die Zeit der werkstattmäßigen Optimierungen.
So auch dieses Jahr.
Auf dem Plan stand eine Reorganisation unseres Werkstattwagens und damit verbunden, die Erweiterung der heimischen Werkzeugwand.
Um dem pädagogischen Auftrag dieses Blogs ein wenig nach zu kommen mal ein kurzer Exkurs in die Welt der Werkzeugwände:
Es gibt zwei Methoden, wie man sein Werkzeug aufbewahren kann. Entweder man lagert es in Schränken, wie es z.B. in Amerika sehr verbreitet ist:

oder man macht es „the continental way“ und hängt es an die Wand:

Ich bin ein Verfechter letzterer Lösung.
Sowohl im Selbstversuch als auch durch validierte Studien in Form von Kinderarbeit (30+ Jahre Werkunterricht an Haupt- und Grundschulen der Region) hat sich in unserer Familie herausgestellt, dass es viel einfacher ist eine Werkzeugmäßige Lösungsstrategie zu erarbeiten, wenn man die möglichen Gerätschaften vor Augen hat.
Wenn es drum geht eine einfache 10er-Mutter zu lösen ist es egal, wo sich der Maulschlüssel versteckt. Sobald man aber vor einem bisher unbekannten Problem steht und improvisieren muss, ist es viel leichter Lösungsstrategien zu erarbeiten, wenn man direkt vor Augen hat, was alles zweckentfremdet werden kann. Vaddern meint, dass dies insbesondere im Umgang mit Kindern deutlich wird (Seine Eigenen teilweise leidvoll eingeschlossen).
Da diese noch ganz am Anfang ihrer Heimwerkerkarriere stehen, ist für sie jedes Problem neu und verlangt nach einer neuen Lösungsstrategie.
Nachdem Vaddern im schulischen Werkraum die Handwerkzeuge aus den Schubladen geräumt und an die Wand geschraubt hatte, kam es viel seltener vor, dass ein Kind ratlos zu ihm kam, da es nicht wusste, welches Werkzeug ihm helfen könnte.
Die Kinder gingen nun umher, schauten aufmerksam was alles zur Verfügung stand und probierten dann einfach das Werkzeug, welches ihnen am passendsten erschien. Die Fehlerquote bei der Auswahl war in der Folge viel geringer als zu Zeiten, als sie einfach Werkzeug aus den Schubladen holten.
Ähnliches konnte ich auch bei mir beobachten. Welche Spezialwerkzeuge in unserem Werkstattwagen schlummerten, hatte ich schon längst vergessen. Was an unser Werkzeugwand hängt, kann ich noch mit 3 Atü auf dem Kessel in verteilten Rollen singen.
Ganz zu schweigen von dem Kontrollvorteil, dass man viel schneller erkennt, wenn die Bagage mal wieder einen Hammer in den Wald zum spielen geschleppt hat (Ebenfalls ein Erfahrungsbericht.).
Also Männer: Tut eurem Nachwuchs einen Gefallen und spaxt das Werkzeug an die Wand!
Back to Topic:
Unsere bestehende Werkzeugwand sollte erweitert werden und das Spezialwerkzeug aus dem Wagen aufnehmen.
Auserkoren war der Platz zwischen Bohrtisch und Wand:
Alte Wand
Das Kennzeichen stammt übrigens von Vadderns erstem Käfer.
Eine Sperrholzplatte in ausreichender Stärke (19mm) war fix besorgt und mit Abdeckfarbe passend gerollt, so dass die Werkzeuge arrangiert werden konnten:
Probeliegen
Als fest stand, wo was hin soll, konnten Vaddern und ich unsere künstlerische Ader ausleben:
Werkzeuge aufgemalt
Fertig bestückt und montiert sieht die Platte nun so aus:
Werkzeugwand final
Die Schubkästen in Kopfhöhe beinhalten Holz-, Stein- und Metallbohrer. Da man die eh raus nimmt um darin zu wühlen, konnten die auch ruhig so hoch montiert werden.
Der Werkstattwagen beinhaltet jetzt größtenteils nur noch Nüsse und Knarren.
Auch den Einsatz von Atorn habe ich etwas angepasst:
Atorn Einlage optimiert
Das seitliche „Kramfach“ habe ich abgeschnitten. Der Bitkasten musste seinen Platz zugunsten überschüssiger Nüsse verlassen. Mittels Locheisen habe ich noch ein paar weitere Löcher (bis zum blauen Boden) in den Einsatz geschnitten, um Platz für die im Set vermissten Torx-Nüsse zu schaffen. „Gerade“ ist was anderes, aber das ist eine bekannte Schwäche bei mir.

2 Gedanken zu „Hängt sie höher“

  1. eine schöne Theorie hast du da aufgestellt. ich baue ja auch noch an meiner Werkstatt, viel wird verändert, Erfahrung gesammelt und Kinder habe ich noch keine 😀
    aber was du vergisst, ist die Verschmutzung und das ansprechende Bild einer solchen Werkzeugaufbewahrung. das obere Bild ist ja nun eine Musterwerkstatt mit gefälligem Aussehen. sowas wird mir noch lange verwährt bleiben, aber nach den ersten selbstgebauten und gelungenen Schränken, müsste auch sowas zu schaffen sein.

    die Erfahrungen aus dem Werkenraum kann man sicher nicht auf eine Werkstatt in diesen Dimensionen beziehen. alles was man im Werken/Technik Fach so lernt, sollte auch einmal vorgemacht und gezeigt werden. mir ist noch genau in Errinnerung wie ich mal eine 8.8er Schraube in M10 aufbohren wollte. den Maschinenschraubstock habe ich nur festgehalten, irgendwann verklemmten sich wohl die Späne, den Schraubstock drehte es mir aus der Hand, er war zu klein als das er am Bohrständer hätte anschlagen können. nun drehte er sich ein paar Sekunden mit, dann brach der Bohrer ab und der Maschinenschraubstock flog 6 Meter durch das Werkenzimmer, 50cm an meinem Schulfreund vorbei. das was man bei der Holzbearbeitung gelernt hatte, war nicht ausreichend um im Metall zu improvisieren…

    anderes Beispiel, letztes Jahr habe ich auf die Schnelle bei einem Freund den Auspuff getauscht. im Werkzeugwagen hatte ich nur die halbzoll Ratsche und keine Ringschlüssel. aus Eile habe ich die Nuss verwendet, die das auch prombt beantwortet hat, mit ner Platzwunde übern rechten Auge. die Schraube hatte nur nen flachen Kopf, die Nuss rutschte durch die ungünstige Kraft- und Winkelverteilung ab und mir an den Kopf…

    also ich bleibe dabei… den Kindern muss man einen bestimmten Umfang an Erfahrungen einfach beibringen… sicheres improvisieren soll auch gelernt sein. und noch was fällt mir ein… Grillparty im Sommer. viele sind eingeladen, der Garten ist voller Familien, es fängt an zu regnen und zu stürmen… wo kann man hin gehen, ohne das die ganzen Mütter einen Infarkt bekommen… 😀 in deine oder in meine Werkstatt

    1. Hmm, also ein Verschmutzungsproblem gab es bei uns in der Werkstatt noch nie (außer ich hab mal wieder alles mit öligen Handschuhen angegrapscht). Staubige Arbeiten werden bei uns eh nur draußen durchgeführt oder mit Absaugung und der normale Hausstaub ist nix, was einem normalen Werkzeug etwas anhaben kann. Präzisionswerkzeuge (Schieblehre, etc.) lagern natürlich in extra Kästchen.
      Das mit dem „gefälligen Aussehen“ ist Geschmackssache. Ich persönlich finde diese sterilen amerikanischen Werkstätten ganz furchtbar. Da fehlt mir einfach die persönliche Note. Auch finde ich Werkzeuge an sich sehr ästhetisch. Insbesondere, wenn sie schon durch einige Hände gegangen sind und einiges erzählen können. Sowas habe ich lieber vor Augen, als in einer Schublade. Ist aber Geschmacksfrage. Sehe ich ein.

      Bei den Erfahrungen gehen anscheinend auch unsere Meinungen auseinander.
      Klar ist es wichtig, bestimmte Dinge vor zu machen, zu erklären oder nur unter Aufsicht zu erlauben. Insbesondere potenziell gefährliche Dinge (Kreissäge, Bohrmaschine, etc.). Aber noch wichtiger finde ich, die Möglichkeit zur Selbsterfahrung. Auch wenn dabei so manches schief geht und die/der ein oder andere Träne/Blutstropfen fließt.
      Ich unterstelle einfach mal, dass dir obiges Erlebnis wesentlich tiefer in Erinnerung geblieben ist, als so mancher Warnhinweis, der dir nur mündlich gegeben wurde, oder?
      Aber vielleicht bin ich da auch etwas ruppig, da ich von mir selbst weiß, dass ich größtenteils nur aus Selbsterfahrenem schlau werde. Übrigens mit der Folge, dass ich annähernd 20 Narben am Körper trage.
      Mal sehen wie es mit eigenen Kindern wird…

      Dein Auspuffschellenbeispiel passt nicht wirklich zur Diskussion.
      Da war doch nur deine Faulheit schuld und nicht das Werkzeug an der Wand, oder ? 😛

      Außerdem bin ich für den Infarkt fremder Mütter nicht verantwortlich. Sollen die doch im Regen bleiben.
      Und Bälger, die einfach Werkzeug von der Wand grapschen und damit „rumdölmern“ (lippischer Fachausdruck) müssen eh draußen bleiben. Die duellieren sich nämlich auch mit den Cuttern aus deiner unteren Schublade.

      Naja, ich werde das Blog ja hoffentlich noch betrieben, wenn mein Nachwuchs das Schrauben anfängt. Dann werde ich sicherlich berichten und meine jugendliche Naivität nochmal auf den Prüfstand stellen 🙂

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