Generation Golf Plus

Da Elion mit dem „Golf Sportsvan“ in Schnabeltassenreichweite der Lösung gekommen ist, will ich das Rätsel mal auflösen. Wir haben nach dem Fiasko mit dem V60 in den sauren Apfel gebissen und einen Golf Plus angeschafft:

Des Rätsels Lösung war wirklich nicht schwer, schließlich haben wir alle noch den…ähhh…“interessanten“ Werbespot zum jüngeren Nachfolger im Ohr/Auge:


Der Weg zum Gerontengolf war sehr nüchtern, desillusioniert und von ein paar Tränen begleitet.
Gesucht war ein kompaktes Auto mit Automatik und genügend Zuglast für die Lafette, zu schmalem Taler.
Zuglasten oberhalb von 1200 kg beginnen erst so langsam in der „Golfklasse“. Dies ist aber auch der Scheideweg von Kompakt (Golf Limousine) zu Familienauto (Golf Variant). Also dort genauer umgeschaut.
(Asiatische) Exoten waren raus, da ich etwas wollte, bei dem ich zu jedem Problem eine (deutschsprachige) Lösung im Netz finde und entsprechende Ersatzteile an jeder Ecke liegen. Simple and stupid. Damit landet man notgedrungen beim VAG-Konzern (der Opel Astra ist kaum mit Automatik und passender Zuglast zu bekommen und alles von Mercedes/BMW ist überteuert). Nicht schön, aber ist so.
Alles mit DS-Getriebe schied gleichfalls aus. Den frühen Exemplaren traue ich keinen Anhängerbetrieb zu. Insbesondere, wenn man nicht weiß, was der Vorbesitzer damit durch die Lande gezerrt hat.
Sieht man sich die entsprechenden Angebote an, findet man reihenweise Laufleistungen von 150.000km und mehr.
Überschaubare Kilometerstände und volle Scheckhefte sind ebenso Mangelware, wie Ersthandautos und Garagenparkplätze.
Außer beim ungeliebten Stiefkind Golf Plus…
Der wurde traditionell von Graumähnen als letztes Fanal vor dem Gerontenstift geordert, auch wenn eigentlich Soccermoms ohne Volvo Zielgruppe waren.
Die Ausstattung ist daher eher gehoben (aber häufig eigensinnig), das Service-Heft voll und die Wegstrecke entspricht dem Dreieck Aldi-Ausflugscafé-Garage.
Verkauft werden die Boliden regelmäßig von Erben, denen eher an einer schnellen Abwicklung gelegen ist, als dem letzten Heller.
Mit technokratischer Nüchternheit betrachtet also ein sinnvoller Kauf.
Unser Exemplar ist ein Musterbeispiel aus obigen Vorurteilen:

  • Aus erster Hand (Geb. 1943), verkauft vom Schwiegersohn
  • Highline Ausstattung (Jedoch Ersatzrad auf original Alufelge aber keine Einparkhilfe, Regensensor und Tempomat aber keine Sitzheizung)
  • 2.0l FSI Motor mit 6-Gang-Wandlerautomatik
  • Abnehmbare Anhängerkupplung (1700 kg Zuglast, angeschafft für einen Wohnwagen mit dem man dann noch zwei mal gefahren ist)
  • 1558 km zwischen den letzten beiden Werkstatt-Services, 74.000 km Gesamtfahrleistung in 14 Jahren

Der FSI-Motor war ein wenig ein Wackelkandidat, da die frühen Exemplare mit Schichtladung bekannt für Probleme mit dem NOx-Katalysator sind.
VW hat dieses Problem allerdings irgendwann erkannt und die Motoren im November 2015 still und heimlich auf reinen Homogenbetrieb umgestellt, ohne allerdings die Bezeichnung zu ändern.
Was für einen Motor man vor sich hat, erkennt man lediglich an den Motorkennbuchstaben (Bei uns BVY = Homogenbetrieb). Hier gibt es eine Liste, welche Motoren im Schichtbetrieb fahren und welche Homogen. Ansonsten stolpern manche Menschen noch darüber, dass für diese Motoren Super Plus von VW vorgeschrieben ist, allerdings lag das nur daran, dass damals Super Plus der einzige schwefelfreie Kraftstoff war. Der Schwefel im normalen Super führte zum noch schnelleren Ableben der NOx-Katalysatoren. Jedoch müssen in Deutschland seit 2003 alle Otto-Kraftstoffe schwefelfrei sein, so dass sich in späteren Bedienungsanleitungen (so auch bei unserem Exemplar) der Hinweis findet, dass man auch 95 Oktan-Kraftstoff tanken kann, wenn man mit „Leistungseinbußen und rauerem Motorengeräusch“ leben kann (Als ob das den Kohl jetzt noch fett macht).

Mit dem FSI Motor umgeht man auch das Problem der gelängten Steuerketten der TSI-Motoren.

Bei den Zuglasten in diesem Segment darf man nicht alleine auf die zulässige Anhängelast gucken. Häufig finden sich in den Papieren weitere Beschränkungen zum zulässigen Gesamtgewicht des Zuges. Bei unserem Gerontengolf ist z.B. der Zug auf 3410 Kg beschränkt. Für die Lafette reicht das gerade so.

Für die Mobilität mit Kindern machen ihn noch andere Faktoren prädestiniert. Zu allererst macht es nix aus, wenn sie rein kotzen.
Daneben wartet er jedoch auch mit ausklappbaren Tischen an den Vordersitzlehnen auf und die Rückbank lässt sich zweigeteilt horizontal verschieben (so wie beim Twingo I). Ich muss ihm zugestehen, dass er extrem variabel ist. Der Kofferraumboden ist verstellbar, den Beifahrersitz kann man flach umlegen. Dazu gibt es Zurrösen im Kofferraum und einen ausklappbaren Haken für die Einkaufstasche der Besten neben einer 12V-Steckdose für die Kühlbox der Einkäufe.

Wie gesagt: Aller Illusionen beraubt, ein echt sinnvoller Kauf.

Jetzt müssen hier nur noch irgendwie Frau und Kinder aufhören zu weinen.

3 Gedanken zu „Generation Golf Plus“

  1. Traurige Geschichte, aber wie du schon sagst irgendwie sinnvoll.

    Mir ist ein Golf Plus immer noch lieber als ein Sportsvan – das ist wenigstens noch ein „ehrliches“ Mutti/Rentner-Auto und flunkert einem mit seinem Namen nicht irgendwas vor, was er eh nicht ist (Sportsvan, Active Tourer, Ecosport und welche bescheuerten Fantasienamen es da noch gibt…)

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