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Wer flext so spät…

…in Nacht und Wind? Es ist der Schrauber mit dem rost’gen Splint.

Ein Schrauberfreund kontaktierte mich neulich, da er Probleme in seiner Nachbarschaft aufgrund wochenendlichem flexens hatte.
Die sich anschließende Recherche zur Rechtslage will ich mal nutzen, um das Thema für die geneigte Leserschaft aufzubereiten.

Vorweg will der Jurist aber eines sagen:

Seid lieb zu euren Nachbarn!

Auf sein Recht zu pochen ist in allen Lebenslagen der schlechteste Weg für ein gedeiliches Miteinander. Das gilt um so mehr für die Menschen, mit denen ihr auf Jahrzehnte hinaus Tür an Tür lebt!
Nicht umsonst prangt folgender Wahlspruch über einem Hoftor in der Nachbarschaft:

Ein gelegentlich angeschweißter Pfannengriff und ein getauschter Auspuff sind häufig viel zielführender als Streitereien über Lärmgrenzen.

Ist das Kind nun aber im Brunnen, wollen wir mal schauen, ob wir Samstags um 21.30 Uhr in …öhh…Genthin…. noch per Flex Schweisnähte verschleifen dürfen.
Ausgangspunkt ist hierbei immer die Gefahrenabwehrverordnung der lokalen Gemeinde.
Die findet ihr regelmäßig im Internet. Unser natürlich völlig willkürlich gewähltes Beispiel Genthin erfreut uns mit einer strengen und umfangreichen Verordnung.
Neben den obligaten Verweisen auf das BlmschG und das FeiertG LSA hat die Stadt Genthin nämlich noch eigene Ruhezeiten bestimmt. Nervig für den örtlichen Schrauber, aber interessant für unser Beispiel. Viele Gemeinden haben solche Ruhezeiten mittlerweile abgeschafft, da sie auch gerichtlich umstritten sind. Doch zurück nach Genthin:
In § 11 der Gefahrenabwehrverordnung finden wir die Regelungen zur Lärmbelästigung.
Der Absatz 1 lautet:
Soweit § 117 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) sowie die Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetztes (BlmschG) einschließlich der dazu erlassenen Durchführungsverordnungen (insbesondere Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung) und die Regelungen des Gesetztes über die Sonn- und Feiertage (FeiertG LSA) keine Anwendung findet, sind die folgenden Ruhezeiten zu beachten:
a) Sonntagsruhe (Sonn- und Feiertage ganztägig)
b) Mittagsruhe (werktags von 13.00 bis 15.00 Uhr)
c) Abendruhe (werktags von 20.00 bis 22.00 Uhr)
d) Nachtruhe (werktags von 22.00 bis 06.00 Uhr).

Die Norm ist in klassischer Gesetzesmanier aufgebaut: „Wenn nicht….dann…“
Also müssen wir Punkt für Punkt gucken, ob unser abendliches flexen unter eine der aufgezählten Normen fällt.
Los geht es bei § 117 OWiG. Der sagt in Absatz 1:
Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlaß oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.
Deklinieren wir den Gummiparagraphen mal durch:
Das verschleifen der Schweißnähte ist zwar geeignet die Nachbarschaft erheblich zu belästigen, jedoch ist es zwingend für den weiteren Aufbau. Damit ist der Anlaß schon mal berechtigt. Wir verschleifen auch nur so viel, wie eben nötig ist und haben auch kein alternatives Werkzeug, dass dies leiser in ähnlich adäquater Weise erledigen würde. Damit fehlen für den § 117 OWiG schon mal die nötigen Bestandteile. Typisches Beispiel für den § 117 OWiG ist die nächtliche Party. Die Grenzen sind aber fließend: Was lärmtechnisch um 23 Uhr noch ok ist, kann um 3 Uhr morgens schon ganz anders beurteilt werden.
Als nächste Norm verweist die Gefahrenabwehrverordnung auf das Bundesimmissionsschutzgesetz (BlmschG) einschließlich der dazu erlassenen Durchführungsverordnungen (insbesondere Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung). Im Kern ist damit die 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung – 32. BImSchV) gemeint. Interessant ist dort für uns der Abschnitt 3 mit dem § 7 über den Betrieb von Geräten und Maschinen in Wohngebieten.
In Absatz 1 heißt es hierzu:
In reinen, allgemeinen und besonderen Wohngebieten, Kleinsiedlungsgebieten, … dürfen im Freien
1. Geräte und Maschinen nach dem Anhang an Sonn- und Feiertagen ganztägig sowie an Werktagen in der Zeit von 20.00 Uhr bis 07.00 Uhr nicht betrieben werden,…
Hier finden wir also schon verschiedene Einschränkungen. Erstens können wir nach der BImSchV drinnen so viel flexen wie wir wollen. Zweitens muss unsere Flex in der Anlage zur BImSchV aufgeführt sein, damit wir Samstags um 21.30 Uhr nicht mehr hiermit draußen rum hantieren dürfen. Also munter in die Anlage geschaut.
Dort findet sich zwar allerhand Gartengerät, aber ansonsten eher so Dinge wie Explosionsstampfer (Nr. 08.2) und Pistenraupen (Nr. 44). Damit verbietet uns die 32. BImSchV ebenfalls nicht das abendliche flexen.
Gehen wir weiter zum landesspezifischen Gesetz über die Sonn- und Feiertage (FeiertG LSA).
Hier ist die Regelung in § 3 zur Allgemeinen Arbeitsruhe interessant.
Absatz 1 statuiert:
Sonntage und die staatlich anerkannten Feiertage sind Tage allgemeiner Arbeitsruhe.
Absatz 2 formuliert aber interessante Ausnahmen:
Öffentlich bemerkbare Arbeiten und Handlungen, die die äußere Ruhe stören oder dem Wesen der Sonn- und Feiertage widersprechen, sind nur erlaubt, soweit sie
1. …
4. nicht gewerbsmäßige Betätigungen in Haus und Garten darstellen.
Sofern also unser Samstag kein Feiertag ist, sind wir auch hier fein raus. Ist der Samstag überraschenderweise doch ein Feiertag sollten wir die Nr. 4 beachten und nur im Haus flexen.
Nachdem uns auch die BImSchV nicht ausbremst, bleibt nur noch der Auffangtatbestand in § 11 der Gefahrenabwehrverordnung.
Hier fällt uns Punkt „c) Abendruhe“ direkt ins Auge.
Unsere Flexerei fällt da mittig rein. Da gibts auch nix zu diskutieren.
Also schnell die Flex aus und Feierabendbier auf.