Archiv der Kategorie: Dacia Logan

Berggorillas im Kfz-Handwerk III

Jetzt kommen wir zum spannenden Teil beim Zahnriemenwechsel am Dacia Logan! Im wahrsten Sinne des Wortes!
Ich erwähnte ja eingangs, dass der Zahnriemen beim Logan-Zack alle vier Jahre gewechselt werden soll. Das liegt jedoch nicht an der mangelhaften Qualität, sondern daran, dass der Dacia Logan keinen automatischen Zahnriemenspanner hat!
Fragt mich nicht, was die Konstrukteure damals geritten hat?! Das war ja selbst Anfang der 90er, als der Motor im Renault Clio I auf den Markt kam keine Weltraumtechnik. Und 2004 bei Einführung des Logans schon gar nicht.
Der Logan hat lediglich eine statische Spannrolle, die man einmal einstellt und wenn sich der Riemen nach vier Jahren gelängt hat, muss man ihn austauschen….
Damit sind wir beim nächsten Kuriosum: Dem Spannvorgang.
Ich kannte bisher ja nur Spannrollen mit einem kleinen integrierten Zeiger, den man einmal in Position bringen musste.
Beim K7J710-Motor gibt es sowas aber nicht.
Man startet mit dem nächsten Spezialwerkzeug (vulgo ein gebogenes Flacheisen mit zwei M5-Schrauben in 1,5 cm Abstand):

Zahnriemenspanner

Hiermit spannt man den Zahnriemen und fixiert die Spannrolle über ihre zentrale Mutter.
Früher brauchte mann dann ein extra Werkzeug, mit dem man die Durchbiegung des Riemens zwischen Nockenwelle und Wasserpumpe maß.
Heute besorgt man sich die App „ContiDrive Europe“ von Continental (oder eine beliebige App um seine Gitarre zu stimmen). In der App wechselt man nun auf „Frequenzmessung“, startet selbige, hält das Telefon neben den Zahnriemen an oben beschriebener Stelle und flickt den Riemen dann mit dem Daumen an, wie eine Gitarrensaite…. Ehrlich! It’s a thing!
Wenn eine Frequenz zwischen 150 und 170 Hz raus kommt, stimmt die Spannung.
Ist trail-and-error.
Ich habe mich nach X Versuchen mit 179 Hz begnügt:

Zahnriemenspannung

Den Unterschied hört kein Mensch, wenn ich auf dem Zahnriemen spiele. Die App ist übrigens auch sonst ein heißer Tipp: Wählt ihr das passende Fahrzeug aus, zeigt sie euch nicht nur die zugehörigen Teile an, sondern ihr bekommt auch kostenlos eine bebilderte Anleitung zum Zahnriemenwechsel mit passenden Einstell- /Anzugswerten!
Ist die Spannung eingestellt, schraubt ihr das Kurbelwellenblockierwerkzeug wieder raus und dreht den Motor testweise von Hand durch.
Ruhig mehrfach. Schadet nicht.
Nun wieder die Frequenz messen, ob sich irgendwas verändert hat.
Stimmt die Frequenz noch, kann alles wieder zusammen.
Die Riemenscheibe bekommt eine neue Dehnschraube.
Die wird zuerst mit 30 NM angezogen und bekommt dann nochmal 95°:

Dehnschraube Riemenscheibe

Mit einem Schlagschrauber geht das sehr komfortabel auch ohne eingeschraubtes Blockierwerkzeug. Macht ihr das von Hand, müsst ihr es vorher wieder eindrehen.
Danach kommt die Abdeckschraube wieder in das Loch:

Blockierstopfen wieder eingesetzt

Dichtmittel nicht vergessen!
Die Zahnriemenabdeckungen kommen auch wieder rein:

Obere Zahnriemenabdeckung montiert

Die untere ist ein riesen Gefummel.
Auch das Motorlager kommt wieder an seinen Platz. Denkt dran, den Holzklotz unter der Ölwanne zu entfernen.
Beim (neuen) Rippenriemen gibt es noch eine Besonderheit. Habt ihr ein Fahrzeug ohne Klimaanlage muss bei allen Umlenkrollen die äußerste Rille frei bleiben. Habt ihr ein Fahrzeug mit Klimaanlage (Re-Import aus dem Iran oder so) muss die innere Rille frei bleiben.
Macht ihr es wie die Berggorillas aus der Fachwerkstatt und setzt ihn mal innen, mal außen auf, zieht er schief an den Lagern. Auf Dauer nicht gut.
Beim Rippenriemenspanner könnt ihr wieder die Frequenzmethode anwenden um die korrekte Spannung (200 Hz) einzustellen. Ich habe den Spanner im laufenden Betrieb einfach so lange angezogen, bis der Riemen nicht mehr quietschte.
Abschließend gilt es noch das Kühlwasser wieder aufzufüllen.
Netterweise gibt es eine Entlüftungsschraube am Heizkreislauf:

Kühlkreislauf entlüften

Die dreht ihr auf und kippt Kühlmittel in den Ausgleichsbehälter, bis es an der Schraube wieder austritt.
Eine nette Helferin kann dann die ganzen Abdeckungen wieder montieren:

Montagehilfe

Oder ihr lasst sie für die Proberunde noch weg und kontrolliert nachher ob alles dicht ist und ob ihr noch einen Schluck Kühlwasser auffüllen müsst.
Als Fazit halten wir fest, dass der Zahnriemenwechsel am Dacia Logan 1.4 MPI erfreulich simpel ist. Kurios, aber simpel. Und mit knapp 77€ inkl. Wasserpumpe, Rippenriemen, Spanner und neuer Dehnschraube ein echtes Schnäppchen!

Berggorillas im Kfz-Handwerk II

Beim lange überfälligen Zahnriemenwechsel am Logan-Zack hatten wir zuletzt den Verschluss der Kurbelwellenblockierung herausgeschraubt.
Bevor es nun weiter geht markieren wir die Stellung von Nockenwellenzahnrad und Kurbelwelle und drehen sie im Uhrzeigersinn bis kurz vor die 12-Uhr-Position:

Zahnriemen freigelegt

Nun drehen wir das Spezialwerkzeug Hazet 3888-13 (vulgo „15 cm Gewindestange M10“) in die zuletzt freigelegte Öffnung ein, bis sie im Inneren an einen Widerstand (die Kurbelwelle) stößt:

Blockierwerkzeug einschrauben

Nun drehen wir die Gewindestange wieder ein Stück heraus und führen die Kurbelwelle nach, bis beide Markierungen beim Anschlag auf 12 Uhr stehen.
Folgend könnt ihr die Spannrolle des Zahnriemens lösen und beides entnehmen:

Zahnriemen demontiert

Im nächsten Schritt entfernt ihr die 6000 Schrauben, mit denen die Wasserpumpe befestigt ist:

Wasserpumpe demontieren

Ich empfehle hier die neue Wasserpumpe (oder eine Pappe) als Schablone für die Schrauben zu verwenden, da auch diese wieder unterschiedliche Maße und Längen haben:

Schrauben in neuer Wasserpumpe

Die beiden auf dem Bild mit einem weißen Strich markierten Schrauben sind übrigens mit Dichtmittel eingesetzt, da sie direkt in den Wassermantel gehen.

  1. Beim lösen kommt da also Wasser raus
  2. Wenn ihr sie wieder einsetzt, denkt an Dichtmittel am Gewinde, sonst wird das nie dicht.

Wenn ihr die alte Wasserpumpe entfernt, kommt da nochmal ein Schwall Kühlwasser raus. Also geeignete Wanne unterstellen.
Ist die Wasserpumpe raus, könnt ihr euch einen Dichtflächenschaber schnappen und mit Hingabe die Dichtflächen säubern:

Dichtmasse an alter Wasserpumpe

Der Berggorilla, der da zuvor dran gearbeitet hat, liebte seine Dichtmumpe auf Bananenschalenbasis!
Ürgs
Die Gewinde der Wasserpumpenschrauben reinigt man am besten mit einem Gewindeschneider:

Gewinde reinigen

Danach kann die neue Wasserpumpe rein:

Spannrolle verkehrt herum

Denkt an das Dichtmittel um die beiden markierten Schrauben!
Im nächsten Schritt kann der neue Zahnriemen drauf:

Riemen drin

Auf dem Bild seht ihr auch einen meiner Fehler:
Die Spannrolle muss mit der glatten Seite zum Motorblock montiert werden. Die beiden Vertiefungen an der Seite braucht ihr später noch zum spannen.
Also nochmal demontieren und umdrehen:

Spannrolle richtig herum montiert

Und im nächsten Teil wird es spannend.

Berggorillas im Kfz-Handwerk I

Anders kann ich es mir nicht erklären. Nur mit Berggorillas…
Aber beginnen wir doch zur Abwechslung mal am Anfang der Geschichte.
Eh ich den Logan-Zack meiner Großmutter auf mich ummeldete, wollte ich erstmal an den Zahnriemenwechsel gehen.
Ginge der schief, könnte ich mir zumindest die Kosten für die Ummeldung sparen.
Laut Handbuch muss der Zahnriemen am frühen Dacia Logan 1.4 MPI alle 4 Jahre (oder 60.000 Km) gewechselt werden.
Zum Grund für dieses außergewöhnlich kurze Intervall kommen wir noch.
Auf jeden Fall ist dieser Intervall vor 8 (!!) Jahren abgelaufen.
Allerhöchste Eisenbahn, da der K7J710-Motor kein Freiläufer ist.
Dankbarerweise stammt der Logan noch aus einer Zeit, als Internetforen noch nicht durch Facebook oder Whatsapp-Gruppen verdrängt waren.
Dementsprechend gut ist die Informationslage. Diesen Thread und insbesondere diesen Post habe ich als Handlungsfaden genutzt.
Wir beginnen mit der Entfernen der Unterbodenverkleidung, bzw. mit den Resten derselbigen, die nach diversen Unfällen teils mit Blechschrauben wieder befestigt wurden:

Unterfahrschutz entfernt

Danach lassen wir das Kühlwasser ab, indem wir den Schlauch unten am Kühler abziehen:

Unterer Kühlerschlauch entfernt

Die verpresste Schlauchschelle lässt sich recht leicht aufhebeln. Ich habe sie nachher gegen eine klassische Schraubschelle ersetzt.
Als nächstes muss das Rad auf der Beifahrerseite runter. Leider hatte das zuletzt der Silberrücken in der Fachwerkstatt angezogen, so dass selbst der Schlagschrauber an den Radschrauben scheiterte. Ich musste erst Archimedes bemühen um sie los zu bekommen:

Radmuttern lösen

Danach entfernen wir die kleine innere Abdeckung der Radhausschale:

Rathausabdeckung

Um den Rippenriemen zu entnehmen lösen wir die Schrauben der Spannrolle rechts und drehen die Spannerschraube oben im Motorraum komplett zurück:

Rippenriemenspanner

Der Zustand des Riemens bestätigt den Verzug im Eisenbahnfahrplan:

alter Rippenriemen

Da als nächstes das rechte Motorlager gelöst werden muss, stützen wir nun den Motor von unten ab:

Motor abstützen

Aufgrund dessen dass die Ölwanne eine Aussparung für den Hilfsrahmen hat, kann man hier ganz vorzüglich ein Kantholz zwischen schieben. Darauf ruht der Motor sicher.
Anschließend lösen wir das Motorlager auch karosserieseitig vollständig:

Oberes Motorenlager

Der Schlagschrauber löst nun die Dehnschraube, die die Riemenscheibe auf der Kurbelwelle hält. Die Riemenscheibe kann man anschließend einfach abziehen. Sie hat eine kleine Nase um sie später wieder exakt zu positionieren.
Nun kommt die Dehnschraube mit einer 26er-Nuss als Distanzstück wieder zurück auf die Kurbelwelle:

Distanzstück montiert

Die brauchen wir nämlich nachher, um den Motor von Hand durch zu drehen.
Jetzt entfernen wir die obere Alu-Zahnriemenabdeckung:

Obere Zahnriemenabdeckung demontieren

Ich empfehle die Umrisse auf eine Pappe zu übertragen. Von sechs Schrauben haben nämlich vier ein unterschiedliches Format:

Schrauben obere Zahnriemenabdeckung

Auch die untere Plastikabdeckung kann jetzt raus.
Weiter geht es an der Vorderseite des Motors. Rechts unterhalb der Lambdasonde findet sich eine T14-Vielzahnschraube:

Blockierstopfen markiert

Die muss raus. Achtung, die Schraube sitzt mit Dichtmittel drin. Also nachher schön sauber machen und wieder mit Dichtmittel einsetzen.
Damit beenden wir Teil 1 dieser Expedition.

Die Erbsünde

Das letzte Rätsel endete mit vielen schönen Vorschlägen und mit noch viel schöneren Herleitungen.
Schon kurze Zeit nach der Veröffentlichung kam Jonas mit dem richtigen Tipp um die Ecke.
Der Neuzugang im kochschen Fuhrpark ist ein Dacia Logan MK. I:

Dacia Logan von vorn

Kommentar der besten Ehefrau von Allen:
Und die Nachbarn so: „Nee, der Adrian, dass ist voll der Autonerd!“
„Ach? Was hatter denn?“
„Nen Golf Plus und nen Dacia Logan…“

Wie immer habe ich aber eine Ausrede!
Ne ehrlich!
Wir brauchen nämlich zukünftig ein Auto, dass (unabhängig vom Gerontengolf) fünf mal die Woche jeweils ca. 20 km fahren muss.
Im Sommer ist das eine willkommene Aufgabe für die Pretiosen, aber die Strecke muss auch bei Regen, Schnee und Eis bewältigt werden.
Die älteren Leser erinnern sich vielleicht, dass meine Großmutter einen Dacia Logan besaß.
Den haben wir schon 1-2 mal beschraubt. Sogar der letzte Eintrag im Serviceheft stammt von mir:

Letzter Serviceeintrag

Nachdem sie nun ihre letzte Fahrt angetreten hat, war der Dacia über.
Nach mehreren (kleineren) Unfällen, einem seit 8 Jahren überfälligen (!!) Zahnriemenwechsel, leuchtender Motorkontrollleuchte, verstellter Spur, deutlichem Rostfraß und auch sonst eher grassierender Vernachlässigung wollte ihn niemand mehr haben.
Selbst Ralf Schumacher hat sich auf meine Anfrage nicht zurückgemeldet!
Aber ein Auto mit 1,5 Jahren Rest-TÜV wegschmeißen, nur um eine andere (voraussichtlich vorübergehende) Kurzstreckengurke zu kaufen?
So richtig einleuchten wollte mir das nicht, obwohl ein Großteil der weiblichen Belegschaft dieses Haushalts dies durchaus präferiert hätte.
Den Ausschlag gab dann das kleine Schräubchen:
Nach einer ausgewachsenen Hassrede von Ehefrau und großem Schräubchen meinte sie nur: „Seid nicht so gemein! Das Auto hat auch Gefühle!“
Wer bin ich, traurigen Kinderaugen zu wiedersprechen?!
Niemand kann etwas für seine Herkunft oder Abstammung. Noch nichtmal ein Auto.
Solange die Notwendigkeit besteht, bekommt der Dacia also noch bei uns sein Gnadenbenzin.