Rallybolide

Nachdem der Entschluss gefallen war, an der Rally Dresden-Dakar-Banjul teilzunehmen, stellte sich die essentielle Frage nach dem fahrbaren Untersatz. Nach einigem unschlüssigen Überlegen brachte mich mein Bruder auf das philosophische Grundkonzept der Fragestellung: „Was für ein Fahrzeug will ich nach Afrika bringen?“:
Denn entweder man will Entwicklungshilfe in Sachen Fahrzeuggeschmack leisten und bringt etwas mit Style auf den schwarzen Kontinent, oder man will die deutschen Straßen von einem Übel befreien und verklappt ne möglichst hässliche Möhre.
Mit dieser Verkürzung und „Runterbrechung“ des Entscheidungsprozesses liegt mein Bruder genau richtig.
Aufgrund meiner altruistischen Grundhaltung (erscheint das bei nem Jurastudium unglaubwürdig?….öhh…ja.) hätte ich mich für die erste Variante entschieden: Ein Auto mit Style.
Als erstes dachte ich an eine Bowler Wildcat. Aber das wäre zu einfach und one-way-Ticket spricht da auch einfach mal entschieden gegen (sooo altruistisch bin ich nun auch wieder nicht). Bowler Fahrzeuge werden dauernd für die Paris-Dakar genommen und sind erprobt. Das kann jeder… Also Unimog? Reizvoll, aber auch zu einfach. Wo nämlich nen Unimog nicht durchkommt, da sollen Menschen auch nicht hin. Also was weniger offroadiges. Nächste Idee war nen Mercedes W123. Wesentlich besser, weil wesentlich ungeeigneter für die Sahara, aber…. der W123 ist ja mittlerweile in Afrika zuhause. Der gehört da öfter zum Straßenbild als hier. Also muss er ja sehr gut für afrikanische Straßen geeignet sein und scheidet folglich auch aus (Mal wieder das „zu einfach“-Argument). Schwierig, schwierig.
Eh ich mir weiter Gedanken machen konnte, kam die Lösung in Gestalt meiner besten Freundin Marlen. Der habe ich nämlich in der Mensa mal von meinen Plänen erzählt und sie war sofort Feuer und Flamme. Sie fragte sofort, ob ich noch Platz im Auto hätte, was ich bejahte (Tobias war zu diesem Zeitpunkt noch entschiedener Gegner dieses Unternehmens). Marlen hat als Co-Pilot fünf große Vorteile: 1. Sie ist anspruchslos, 2. Sie bleibt unter Stress ruhig, 3. Mit ihr passieren immer die geilsten Dinge, 4. Sie arbeitet in der Notfallaufnahme der Städtischen Klinik, 5. Und vor allem: Sie stellt das Rallyauto…..

Wir bringen den Mohren nun ihren 1992er VW Golf III vorbei. Der Wagen ist das ideale Nichtrallyauto: Kleinster Motor (1,4l, 60PS), Benziner, Frontantrieb, kein Reduktionsgetriebe, keine Sperren, normales Straßenfahrwerk, kein Servo, kein Klima, Zweitürer, kein Kofferraum und „Miami Florida-Grün“. Ein Traum.
Der Wagen auf den Bildern unten ist übrigens ein „GL“ und dient nur der Verdeutlichung. Wir haben noch ein Klasse da drunter…Basisausstattung „CL“. Also keine Alus, keine Außenspiegel in Wagenfarbe, keine Stoßfänger in Wagenfarbe, keine Vellourssitze, keine geteilte Rückbank, 13″ Reifen, hinten Trommelbremsen, kein ABS, keine Schiebe-/Hubdach, mehr Beulen….

Der Vorteil ist, dass wir so die 500€ Anschaffungspreis gespart haben und somit mehr in den Umbau stecken können. Mir schweben da schon ein paar schöne Schweißarbeiten vor….Unterfahrschutz, Frontschutzbügel, verlegter Ansaugstutzen zum Dach samt Sandfilter, etc… Bevor ich da aber was anfange, werde ich erstmal mit dem lokalen TÜV-Menschen sprechen, ob es den alten „Ausfuhr-TÜV“ noch gibt. Wenn ich mich nämlich recht entsinne, wurde der abgeschafft, und es gibt jetzt nur noch die normale Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO…das wäre schade, weil damit nämlich all diese schönen Sachen wegfallen würden bzw. erst hinter der Grenze möglich wären.

2 Gedanken zu „Rallybolide“

  1. Fällt denn ein VW Golf III CL nun in die Kategorie „Aufbauhilfe“ oder in „Unsere Straßen sollen schöner werden“?
    Nichts gegen ein geschenktes/subventioniertes Fahrzeug, aber die Einstufung gemäß dieser Kriterien erscheint mir schwierig. Bleibt es also an mir den Mazda 121 von Europas Straßen zu verbannen.
    (Wahrscheinlich beißt man sich dafür eines Tages in den rechten Fuß – wie man es heute tun würde, hätte man damals die Isetta an der Adria gelassen… Aber mit dem Problem dürfte man vermutlich bei jedem Fahrzeug eines Tages konfrontiert sein.)

  2. Ein Golf III CL in Florida-Grün ist ein bisschen was aus beiden Welten.
    Ich wollte auch nicht sagen, dass man JEDES Fahrzeug in eine dieser beiden Kategorien einordnen kann. Ich meine nur, dass man ein Rallyfahrzeug aus einer der beiden Kategorien auswählen sollte. Man sollte (sofern man die Wahl hat) halt gerade nix aus der goldenen, nichtssagenden Golf-Mitte nehmen… Über die Alternativen aus der Verklappungs-Kategorie werde ich demnächst noch was schreiben.

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