Tag 5 : Torremolinos – Larache ??? km
Wir haben es ausnahmsweise fast pünktlich los geschafft! 7:07 Uhr rollten wir vom Hof. Langsam bekamen wir Routine.
Der Weg nach Algeciras war nur ein Katzensprung. Jedoch sollte uns ein Navigationsfehler zum Verhängnis werden. Kaum biegt man einen Kreisverkehr zu früh ab, schon landet man auf einer Mautstrecke… Natürlich wollte uns die Dame im Kassenhäuschen nicht ohne zu zahlen wenden lassen. So mussten wir pro Auto 0,85€ zahlen und, nachdem wir 20 Meter weiter umgedreht hatten, wieder 0,85€ für den Rückweg berappen. Auf dem letzten Meter ging also unser „0€-Maut-Plan“ in die Hose… „ambitious but rubbish“…
Der Fährhafen selbst, war leicht zu finden. Der Ableger nach Tanger jedoch nicht. Wir irrten für ca. 20 Minuten im weitläufigen Hafengelände umher, um dann schlussendlich zufällig richtig zu landen.
Mit großer Befriedigung stellten wir fest, dass wir mit die Ersten vom Rallye-Tross am Fähranleger waren.
Unsere Streckenwahl am Mittelmeer entlang war also ein rund um voller Erfolg! Tobias hatte tolle Arbeit geleistet!
Da wir schon um 9:30 Uhr am Anleger waren, unsere Fähre aber erst um 12 Uhr ablegen sollte, beschlossen Tobias und ich noch Sprit für Cobra II und uns zu besorgen. Nach kurzer Diskussion schätzten wir unseren Bedarf auf 96 Dosen Bier. Um die Ausgewogenheit unserer Ernährung sicher zu stellen, kauften wir San Miguel, Supersol-Hausmarke und Cruz Campo. Alles natürlich pfandfrei. Wir waren gespannt, ob der Vorrat reichen würde, bis wir muslimisches Gebiet wieder verließen und ob wir es durch die jeweiligen Grenzkontrollen geschmuggelt bekommen würden. Die anderen Rallye-Teilnehmer waren da sehr skeptisch.
Passend zum beladen des Schiffs waren wir wieder zurück am Anleger.
Kaum hatte unser Seelenverkäufer gen Afrika abgelegt, ging die Nachricht um, dass wir uns auf dem falschen Schiff befänden….
Als die Orgas, welche die Zoll- und Einreiseformalitäten für uns erledigen sollten, auf die Fähre wollten, war diese schon voll und sie mussten auf die Nächste warten…
In der Konsequenz machten wir schon auf der Fähre erste Erfahrungen mit afrikanischer Bürokratie: Wir mussten 30 Minuten für ein Formular anstehen, das jeder anders interpretierte und ausfüllte.
Der Inhalt schien den Grenzbeamten aber egal. Hauptsache, er konnte alle seine Stempel benutzen!
Das alles tat der Stimmung aber keinen Abbruch und so warfen wir voller freudiger Erwartung die letzten Blicke auf den europäischen Kontinent.
Im Hafen von Tanger empfing uns eine Meute von „Schleppern“, welche einem bei den Zollformalitäten behilflich sein wollten. Es war teilweise ein echter Spießrutenlauf. Am effektivsten erwies es sich, sein Auto zu verlassen und in einer Gruppe zwischen den Fahrzeugen zu verharren. Hier sahen wir auch zum ersten Mal das Team „Bayern“, welches mit ihrem Magirus Deutz FM 130 D9 FA die schwerste Konkurrenz für unsere Eier darstellte.
Nach über 2 Stunden und mit Hilfe der inzwischen eingetroffenen Orgas durften wir endlich noch mehr Zettel und Durchschriften ausfüllen (natürlich wieder ohne Plan) und endlich Tanger, dass Tor Afrikas betreten!
Ab nun war alles anders!
Wenn die Kreisverkehre in Spanien schon chaotisch waren, dann war der Verkehr ab Tanger die Ausgeburt eines Irren im Fieberwahn! Es herrscht totale Anarchie, welche lediglich der Regel „Insch Allah“ („so Gott will“) folgt:
„Wenn Gott will, dass mich jemand tot fährt, dann passiert es auch. Egal ob ich vor dem überqueren der Straße gucke oder nicht. Also brauche ich auch nicht zu gucken.“
Sobald man sich als Europäer dieser Mentalität anpasst und jegliches Fahrschulwissen über Bord wirft, verliert der höllische Verkehr einiges von seinem Schrecken.
Ich schreibe diese Zeilen übrigens gerade, während Antje mit ca. 100 km/h Eselkarren und frei laufende Ziegen umkurvt…
Da wir von Tanger aus nach Larache nicht die Mautstraße nehmen wollten, mussten wir uns ohne Roadbook durchschlagen. Unser eigenes endete ja mit Europa. Ab jetzt waren wir auf die Orgas und unsere Straßenkarten angewiesen. Nach einigem suchen fanden wir ein paar Rallyeteilnehmer, die wussten, wo der Campingplatz sein sollte.
Dort angekommen schlugen wir schnell unsere Zelte auf und gingen an das Projekt des Abends:
Cobra I vom Dachgepäckträger befreien!
Ich hatte mir überlegt, dass die beiden Ersatzräder vom Dach und die Klappstühle auch anders unter zu bringen sein müssten. Zur Belustigung der Umsitzenden spielten Tobias und ich dann stundenlang 3-D-Tetris mit dem Gepäck, bis wir mehr als genug Platz geschaffen hatten. Wir erwarben uns an diesem Abend den Spitznahmen als „Die, die so gerne packen“.
Antje erwärmte uns in der Zwischenzeit zwei leckere Dosen Gulasch-Nudeltopf. Gegen 22:30 Uhr waren wir mit unserer Umräumaktion fertig und in einem feierlichen Akt flog der Träger vom Dach. Ab jetzt gings oben offen durch Afrika!
Anschließend gingen wir noch eine Runde über den Zeltplatz und inspizierten die ersten Opfer unter unserer Konkurrenz.
Ein Landrover hatte in Frankreich einen der Nissan Patrol angestupst.
Rallyeinterne Blessuren quasi.
Ein anderer Patrol war mit Getriebeschaden ausgefallen (es ging nur noch in der Geländeuntersetzung vorwärts) und die Jungs schraubten bis tief in die Nacht um ihn wieder flott zu bekommen.
Auf unsere gelungene Umpackaktion gab es noch ein paar Dosenbier und dann krochen wir kaputt aber sehr zufrieden in unsere Schlafsäcke.