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Den Riemen enger schnallen

Einer der Gründe, dass der Gerontengolf in unser gebeuteltes Budget passte war, dass er nach 14 Jahren nicht nur noch auf den ersten Reifen stand, sondern dass er auch immer noch mit dem ersten Zahnriemen unterwegs war. Ja, ok, VW gibt beim 2.0 FSI keine Altersgrenze für den Zahnriemen vor, aber das den jemand 14 Jahre da im Motor lässt, damit kann doch echt kein Ingenieur rechnen! Und bei der Jahresfahrleistung der Besten wäre er nochmal weitere 15 Jahre drin geblieben, bis die von VW für den Austausch vorgegebenen 180.000 km erreicht sind. 29 Jahre? Ja nee, nicht wirklich.
Also Zahnriemenset samt Wasserpumpe von SKF geordert und frisch ans Werk.
Zum Ausbau des Zahnriemens gibt es reichlich Videos.
Allerdings ist „auseinander“ selten das Problem. Wie man nachher das Puzzle wieder ordentlich zusammensetzt, verrät einem aber keiner.
An Werkzeug braucht ihr bis auf eine 19mm-XZN-Nuss („Innenvielzahn/Zwölfkant“) nix exotisches.
Also hier mal ein paar Erklärungen, wie ich es gemacht habe.
Trotz meiner Motorbrücke habe ich den Motor von unten mit dem Wagenheber an der Ölwanne abgestützt. Der zusätzliche Arbeitsraum von oben ist sehr hilfreich.
Größtes Hindernis bei der Demontage sind die untere Zahnriemenabdeckung und der massive Alu-Flansch für den Motorträger.
Die untere Abdeckung ist mit 6000 winzigen Innentorx-Schrauben befestigt. Achtet insbesondere auf die mittige Schraube direkt unter dem Flansch. Dort verkantet man den Bit leicht und dreht sie rund! Ich habe sie auf der allerletzten Rille raus bekommen und nachher einfach durch eine simple Außensechskant-Schraube ersetzt:

Die lässt sich viel leichter kraftschlüssig greifen.
Den Aluflansch bekommt ihr erst raus, wenn die untere Abdeckung raus ist. Seine drei Bolzen sitzen tief in ihm und es ist nur wenig Raum zum schrauben. Für den vorderen Bolzen musste ich den Motor etwas anheben um ihn zu erreichen:

Für den Hinteren empfiehlt sich (nach dem ersten lösen) eine möglichst kompaktes Werkzeug:

Die Bolzen sind übrigens unterschiedlich lang. Ich habe sie daher einfach mit Edding beschriftet.
Sind sie raus, ist es ein elendiges Gefummel, den riesen Trümmer nach unten raus zu bugsieren.
Die Alurohre der Klimaanlage tragen ein paar Kratzer davon, aber mit fluchen und drücken geht es.
Wie immer empfehle ich einen weißen Edding um die OT-Markierungen nachzuzeichnen.
Obacht: Wenn ihr die untere Riemenabdeckung und die Riemenscheibe abnehmt (um Welten besser als bei Opel!), habt ihr dort keine Markierung mehr (bei Opel hingegen besser gelöst). Ich empfehle daher den Motor auf OT (oben kontrollieren) zu drehen, und dann selbst eine Markierung auf dem Ritzel des Zahnriemens anzubringen:

Hat man alles raus, ergibt sich erfreulich viel Platz zum arbeiten:

Insbesondere wenn man bedenkt, dass dies der größte Motor war, den man für den Golf Plus ordern konnte (Hat den jemand eigentlich schon mal auf R32 umgebaut?).

Kommen wir zum Zusammenbau.
Leider finden sich auf der Spannrolle des Zahnriemens keine Markierungen für „new“ oder ähnliches um die korrekte Vorspannung des Zahnriemens einzustellen.
Auch die einschlägige Werkstattliteratur (Etzold, „So wirds gemacht“) ist da sehr enttäuschend. Dort vernimmt man nur „Der Zahnriemenwechsel wird hier nicht beschrieben.“. Ja danke! Aber Hauptsache in epischer Breite beschreiben, wie man Wischwasser nachfüllt!
Wenn da jemand gute Literatur zum Golf V hat, bin ich für Hinweise sehr dankbar!
Bei der eingebauten Rolle stand der Zeiger auf der rechten Seite des kleinen Halteblechs.
In diesem Video kann man sehen, dass der Zeiger der neuen Rolle mittig hinter dem Blech steht. Das wird von den Protagonisten als „good“ tituliert.
Genauso habe ich dann auch meine Spannrolle montiert:

Ob das richtig ist? Keine Ahnung. Wie gesagt: Ich finde dazu nix.
Kommen wir zum fummeligen Wiedereinbau.
Den Alu-Flansch müsst ihr von unten links schräg nach oben fädeln. Die Rohre der Klimaanlage bekommen dazu ein paar weitere Kratzer.
Achtet auf die hintere Ecke der Plastikabdeckung hinter dem Nockenwellenrad:

Die hakt sich gerne an dem Flansch ein und dann geht es nicht mehr weiter.
Ist der Flansch drin, schraubt ihn noch nicht wieder fest. Fummelt erst die untere Zahnriemenabdeckung rein. Das geht deutlich einfacher, wenn man den Flansch noch ein bisschen hin und her wackeln kann.
Natürlich schweigt sich Herr Etzold auch zu den Anzugsmomenten aller relevanter Schrauben aus.
Ich habe sie mir daher aus allen möglichen Motoren ähnlicher Bauart zusammengesucht.
Die Schrauben der Riemenscheibe sollen ersetzt werden und dann erst 10 NM +90° bekommen.
Ich habe sie (genauso wie die Schrauben des Motorlagers) nicht ersetzt und stattdessen Markierungen angebracht:

So kann man im ersten Schritt die 90° überprüfen und anschließend den Strich in seiner finalen Position auf die Riemenscheibe übertragen.
Dadurch sieht man direkt, wenn sich eine Schraube gelockert hat.
Die Schrauben des Motorlagers sollen folgendermaßen angezogen werden:

Kleine Schrauben im schwarzen Blech zur Karosserie: 20 NM +90°
Schrauben Motorlager zur Karosserie: 40NM +90°
Schrauben Motorlager zum Flansch: 60NM +90°

Für die Stiftschraube Motorlager zur Karosserie empfehle ich eine Zündkerzennuss:

Mit einer normalen Nuss kommt ihr nicht vollständig runter auf den Sechskant.
Damit sollte der schwierige Teil abgeschlossen sein.

Wie gesagt: Das Schlimmste ist der Kampf mit dem Aluflansch und der Abdeckung.