Am letzten Wochenende waren wir zu unserem Nachbarn (der mit dem Jaguar E-Type) eingeladen. Er und seine Frau feierten die Wiedergeburt ihres Mercedes-Benz 230 SL (W113):
Mir gefiel die Pagode noch nie, aber Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden.
Sie haben den Wagen aus dem „Bible Belt“ der USA importiert. Aus der Nähe einer Quäker-Stadt in der nie Salz gestreut wurde. Der Vorbesitzer hatte den Wagen nur sehr selten für eine Sonntagsausfahrt benutzt. Das alles sieht man dem Wagen auch an.
Andere Menschen hätten solch ein Fahrzeug nicht restauriert. Nicht wegen etwaiger Patina, sondern, weil es einfach nicht nötig war. Eine leichte technische Überholung und er hätte für 5-10 Jahre treue Dienste geleistet.
Allerdings haben unsere Nachbarn anderes vor. Sie wollen einen Wagen im Zustand 1. Und nicht ein „Mein Wagen ist Zustand 1!“, wie man es oft in Anzeigen ließt, sondern eine offizielle 1 per Gutachten!
Dem Wagen sieht man diese Ambition nun auch an:
Sauberer hat der das Mercedes-Benz-Werk auch damals nicht verlassen.
Wie gut die Ausgangssubstanz war, sieht man gleichfalls am Innenraum:
Das Leder ist noch das originale! Lediglich gereinigt und neu aufgepolstert.
Wie gut die Arbeit des Polsterers war, sieht man auch an dem Leder auf der Verdeckabdeckung:
Diese Krümmungen bekommen die Wenigsten faltenfrei hin. Häufig wird auch der Einfachheit halber dort eine Naht gesetzt. Ist ne Kleinigkeit, aber nur mit diesen Details gibts auch ne 1…. Der Chrom und Lack ist ebenfalls richtig toll geworden. Herrlicher Tiefenglanz!
Das diese Pagode noch nie geschweißt wurde, zeigt die winzige Sicke am Kotflügelübergang zum Scheinwerferrahmen:
Dort rosten sie sehr gerne und bei Instandsetzungen wird diese Sicke der Einfachheit halber einfach weg gelassen (die Repro-Bleche haben sie oft auch garnicht). Wie oben: Ein unwichtiges Detail, aber ohne keine 1.
In einem ruhigen Moment gestand der Eigentümer uns allerdings, dass der Gutachter bisher nur eine 1- gibt. Mal sehen, welches Detail den Ausschlag geben wird.
Natürlich ist solch eine Restaurierung nicht jedermans Sache, aber es macht die beiden Glücklich. Warum also nicht. Der Wagen wird ja auch keine Trailerqueen, sondern die Beiden werden ihn nach dem Gutachten regelmäßig ausführen. Das automobile Kulturgut bleibt also erhalten.
Auch die Gäste reisten zum Teil mit adäquatem Altblech an. wWe zum Beispiel mit diesem linksgelenkten (!) Jaguar XK 140:
Ohne Stoßstangen finde ich ihn sogar noch hübscher.
Von Sir Edward sind die Beiden übrigens begeistert. Da bestehen keine Berührungsängste. Auch die Gäste wollten mal Probe sitzen. Gab wie immer große Erheiterung.
Vielen Dank für den schönen Nachmittag und allzeit gute Fahrt!