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Klaufix II

Nach knapp einer Woche rief der Pulverbeschichter an, ich könne den Rahmen und die Kotflügel des HP300 wieder abholen:

Zurück vom Pulverbeschichter

Sehr schick!
Auch meine Teilebestellung bei HP400ersatzteile.de war mittlerweile eingetroffen. Der Laden hat sich auf alte DDR-Anhänger spezialisiert und ist eine echte Empfehlung! Zusammen mit den Teilen bekommt ihr von Herrn Neubauer wertvolle Tipps zum Einbau und die Beratung per Mail ist ebenfalls Klasse.
In der Zwischenzeit hatte ich schon das Skatspiel ausgepackt und die Felgen lackiert:

Felgen lackiert

Für die Montage der Lager und der Radnaben hat sich folgendes Prozedere bei mir bewährt:
Als erstes kam der Achsschenkel über Nacht nach draußen (ca. 0°C, in der Tiefkühltruhe war kein Platz) und die Lager in den Gefrierschrank.
Die leere Radnabe wanderte in den Ofen:

Radnabe im Ofen

15 Minuten bei 100°C reichen.
Danach lässt sich das innere Lager von Hand in die Alu-Nabe drücken.
Den inneren Abschluss bildet der mitgelieferte Wellendichtring. Der ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der früheren einfachen Metallscheibe.
Die Nabe samt Lager und Dichtring wandert jetzt wieder zurück in den Ofen. Nochmals 15 Minuten bei 100°C. Das halten alle Beteiligten aus. Im Sommer auf der Autobahn nach Ungarn wurde es genauso heiß.
Jetzt kommt die Radnabe samt Lager und Dichtring auf den nächtlich kalten Achsschenkel:

Radnabe auf Achse

Auch da reicht händischer Druck.
Eh sich die Temperaturdifferenzen nun zu stark angleichen, holen wir fix das äußere Lager aus dem Gefrierschrank und klopfen es mit einer passenden Nuss auf den Achsstummel:

Radnabe auf Achse 2

Da die Alu-Nabe noch immer heiß ist, treten hier kaum Kräfte am äußeren Lagerring auf.
Nun noch die Kronenmutter aufdrehen, bis sie „fest“ ist, das Splintloch fluchtet und das ganze sichern:

Radlager ersetzt

Die Federung puzzelt sich easy wieder zusammen.
Die Kotflügel bekamen neue Inbus-Senkkopf-Schrauben:

Neue Schrauben Kotflügel

Mal hoffen, dass die in 40 Jahren leichter raus gehen. Natürlich habe ich vorher alle Gewinde mit dem Gewindeschneider gereinigt und mit etwas Kupferpaste behandelt.
Den maroden 7-Pol-Stecker entfernte ich und ersetzte ihn gegen ein modernes 13-Pol-Pendant:

Stecker vergammelt

Für die neuen Rückleuchten gab es von Herrn Neubauer den Hinweis, dass man die Köpfe der alten Schrauben abdrehen/schleifen muss:

Schraubenköpfe Streuscheibe

Das Loch der Repro-Rückleuchten ist nämlich konisch. Zieht ihr die alten Schrauben an, knackt es euch das Rücklicht!
Auch das fürs sandstrahlen entfernte Typenschild konnte ich wieder annieten:

Typenschild aufnieten

Vorher kam aber etwas von meinem Korrosionsschutzfett zwischen Schild und Rahmen.
Da ich auch an den Bordwänden einige Nieten ersetzen musste und meine manuelle Nietzange natürlich direkt kaputt ging, kaufte ich mir diesen Nietaufsatz für den Akkuschrauber (oben im Bild zu erahnen). Bisher bin ich hoch zufrieden mit dem Ding! Ich habe noch nie so leicht und sauber Blindnieten gesetzt.
Noch ein bisschen Kleinkram und fertig war der restaurierte Klaufix:

HP300 fertig restauriert

Klaufix I

Nachdem das Rätsel gelöst wurde, steigen wir mal direkt ins Thema ein:
Den HP300 (genauer HP301.01/3 TGL 13644) vulgo „Klaufix“ bekam ich über eines meiner (gänzlich unironisch) geliebten Koppelgeschäfte. Bodos JZR-Transportanhänger hatte ich ja im Bekanntenkreis vermittelt. Als Dreingabe zum Kaufpreis gab es damals noch die Zusage, mir einen „kleinen Anhänger“ zu schenken. Diese Karte zog ich nun, als Tobias ankündigte, demnächst ein Haus und eine Halle sanieren zu müssen. Mit einem kleinen Anhänger als Dauerleihgabe hat er schon mal etwas Starthilfe, bis er sich was größeres eigenes kauft.
Also fröhlich mit dem Bekannten einen Termin abgemacht (er musste den Klaufix erst in seinem eigenen Fundus ausgraben) und auf die Lafette verladen:

HP300 abgeholt

Wenn ich groß bin, will ich so werden wie du!

Groß und klein

Hergestellt wurde der HP300 im Jahr 1988 im „VEB Warnowwerft Warnemünde„. Die bauten eigentlich die ganz großen Pötte. Dementsprechend sehen auch einige der Schweißnähte an dem Anhänger aus. Alles unter 15mm war Feinblech für die Genossen. Sein Vorteil ist der Ganzstahlaufbau samt verzinkter Seitenwände (viele der HP300 aus anderen VEBs hatten Holzaufbauten/-Böden). Augenscheinlich stand er auch die meiste Zeit trocken und wurde pfleglich behandelt. Ich fand kein einziges Rostloch. Für den guten Pflegezustand spricht auch, dass noch immer das original Ersatzrad (siehe DOT) montiert war:

DOT Ersatzrad

Ob dieses guten Zustandes und eines kleinen nützlichen Kunststückes, das er kann (zeige ich später), stand der Entschluss einer Restaurierung relativ schnell im Raum. Finanziell sinnfrei, aber sonst hebt doch niemand sowas auf.
Also zerlegen wir ihn mal:

Beginn der Zerlegung

Die Elektrik war erfreulich unverbastelt:

Rücklicht geöffnet

Allerdings waren die Rücklichter blind und durch zu starke Leuchtmittel angeschmolzen. Die kamen also schon mal auf die Einkaufsliste.
Die Kenzeichenleuchten zerbröselten in meinen Fingern:

Zerbröselte Kennzeichenleuchte

Aufgrund seines handlichen Gewichtes ließ er sich leicht auf den Rücken drehen. So eine Europalette mit Schwerlastrollen ist auch ein super Arbeitstisch:

Rahmen HP301.01

Auch der Rahmen sah solide aus.
Die 12 Schichten schwarze Farbe sind sicherlich hoch krebserregend, aber sie haben ihren Dienst erfüllt.
Auf dem Rücken liegend stellte ich fest, dass die Radlager auf beiden Seiten deutliche Geräusche machten. Die kamen also auch auf die Liste.
Die Alu-Radnaben ließen sich gut abziehen:

Radnabe abziehen

Bei sowas schraube ich immer gerne die Mutter umgekehrt auf den Achsstummel und lasse sie ganz knapp überstehen. So verhindert man zum Einen, dass der Abzieher (wenn mehr Gewalt nötig ist) den Achsstummel oval drückt und durch den schmalen Überstand verhindert man auch, dass der Abzieher vom Stummel wandern kann.
Auch die Radlager waren noch Erstauslieferung:

Altes Radlager

Hinter dem inneren Radlager saß noch eine Scheibe, welche das Lager eigentlich vor Dreck schützen soll:

Radlager abgezogen

Da gibt es mittlerweile aber deutlich bessere Umbausätze.
Eh ich die Achsen ausbaute, habe ich noch die Gewinde der Gummifedern vermessen, um später die Vorspannung wieder einstellen zu können:

Länge Federgewinde

Noch ein Bild von der Anordnung und dann konnte das auch alles raus:

Federung demontieren

Erstaunlicherweise sahen die Gummibuchsen noch genauso gut aus, wie die Federelemente. Das konnte ich alles bedenkenlos wiederverwenden.
Um den Rahmen sandstrahlen und pulverbeschichten zu lassen, mussten auch die Blech-Kotflügel ab. Keine Ahnung, wer den Konstrukteuren damals den Schnaps gegeben hat, aber Schlitz-Senkkopfschrauben gehen nach fast 40 Jahren nur mit ganz viel Kriechöl, Hitze, Schlagschrauber und Fluchen raus:

Schlagschrauber Schlitz

Also alle bis auf eine…..
Die bekam das Schweißgerät zu schmecken. Das führte aber nur zu einem geteilten Echo:

Mutter abgerissen

Nun schlug die Stunde meines größten Fehlers!
Ich dachte mir, dass das doch mal eine gute Gelegenheit für einen Test mit einem Linksausdreher wäre. Ich bohrte also ein kleines Loch in den Bolzenrest, so dass sich der Ausdreher gut verkeilen konnte und brach ihn prompt ab:

Linksausdreher abgebrochen

Jetzt hatte ich auch noch ein Stück gehärteten Stahl in dem Loch stecken. Ganz großes Tennis!
Den Versuch, den Rest von hinten auszubohren gab ich bald erfolglos auf:

Ausbohren von der Rückseite

Es blieb mir am Ende nichts anderes übrig, als mit der Flex die aufgeschweißte Flachmutter abzuschleifen:

Mutter weggeschliffen

Dann gibt es da in Zukunft halt einfach eine ganz normale Mutter. Ich hab eh keine Ahnung, warum die Werftarbeiter da unbedingt eine Flachmutter aufschweißen mussten.
Und den Rest von dem Ausdreher-Set schenke ich einem meiner größten Feinde.
Damit war alles zerlegt und die nötige Shopping-Liste erstellt.
Nun hieß es auf den Pulverbeschichter und die DHL-Fee warten.