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Heulsusen I

Der beste Nachbar aller Zeiten kam neulich mit ein paar historischen Schmuckstücken um die Ecke.
Neben einem Wandbild aus echtem Menschenhaar von 1887 (*ürgs*) fanden sich auch zwei IMI AL 1578:

Die kleinen Pilzköpfe wurden in der DDR genutzt um die Nationale Volksarmee vor dem herannahenden Kapitalismus zu warnen.
Sowas macht sich sicherlich gut an der zukünftigen Alarmanlage des Genesungswerkes.
Also besehen wir uns die Patienten doch mal näher, ob ihnen noch ein Tönchen zu entlocken ist. Den Anfang macht das deutlich besser erhaltene Exemplar:

Hier mal das Typenschild im Detail:

Da sich der Rotor von Hand ohne Widerstand oder merkliche Geräusche drehen ließ, habe ich mich mal an eine provisorische Verkabelung gewagt.
Der Anschlusskasten ist erfreulich übersichtlich:

Mit einer extra Feinsicherung gab es dann direkt einen Probelauf:

Heidewitzka, ist der kleine Schreihals laut! Gut das ich Ohrschützer auf hatte.
Wenn der Kollege los legt, bricht niemand einfach weiter ein.
Natürlich habe ich (um niemanden in der Nachbarschaft zu verschrecken) den Probelauf synchron zum samstäglichen Probealarm der örtlichen Feuerwehr gelegt.
Nachdem also klar war, dass die Sirene technisch 1A ist, habe ich mich mal an eine neue Verkabelung gemacht:

Die WAGO-Leuchtenklemmen sind super für sowas.
In Teil 2 wenden wir uns dann der hässlichen Schwester des kleinen Musterschülers zu. Da stand nämlich eine Komplettrevision an.

Planschrank

Tobias ist seit längerer Zeit auf der Suche nach einer kostengünstigen Aufbewahrungsmöglichkeit für sein Werkzeug.
Ich persönlich bin ja ein Fan von Küchenunterschränken, er eher von Werkzeugwagen. Letztere sind aber bekanntermaßen unbezahlbar.
Sein Lösungsansatz heißt Planschrank. Sind regelmäßig auch nicht billig, aber zumindest ist der Interessentenkreis geringer als bei echten Werkzeugschränken.
Im Original werden/wurden diese Schränke verwendet, um bei Architekten und Ingenieuren große Zeichnungen und Pläne ungeknickt zu verstauen.
Vor einiger Zeit fand er einen solchen Schrank bei ebayKleinanzeigen in der Umgebung von Magdeburg und schickte mir den Link strategisch geschickt kurz vor seinem Geburtstag.
Gut, bei 10 € Kaufpreis kann man wenig falsch machen. Selbst wenn er so aussieht:

Drei Schichten Farbe:

reichlich Dellen:

und auch Rost zeugten von einem bewegten Leben:

Selbst einige der Schubladen waren verbogen:

Wenigstens passt selbst mit einer 15mm-OSB-Platte noch eine Lage Werkzeug gut in die Schubladen:

Bei der ersten Reinigung fanden sich Überbleibsel seiner Vergangenheit:

Wahrscheinlich wurde in diesem Planschrank die jährliche Plan-Plansollübererfüllung abgelegt.
Damit der Junge nicht ganz so ein trauriges Wrack bekommt, habe ich mal die CSD-Scheibe kreisen lassen:

Teilweise ließ sich der Lack aber auch einfach mit dem Spachtel abkratzen:

Die Beste Wirkung erzielte jedoch die Zopfbürste auf der Flex:

Erfreulich war, dass sich auch die Farbe von den Griffen entfernen ließ:

In einem Anflug von Experimentierfreudigkeit habe ich mal Hammerschlagfarbe von Alpina getestet:

Ich hegte die Hoffnung, dass die Hammerschlagoptik einige der Blessuren kaschieren würde.
Leider war die Lackierung aber ein herber Reinfall.
Als erstes testete ich die vom Hersteller empfohlene „kurzflorige Rolle“ zum Lackauftrag. Das sah aber so aus, als hätte ich eine der Nachbarskatzen zum Rollen verwendet. Alles voller Fussel und ohne Ende scheckig. Also nächster Versuch, wie beim Schraubstock, mit dem Pinsel.
Dabei wird der Lack leider auch total fleckig. An senkrechten Flächen hat man die Wahl zwischen Läufern und einem ausbleiben des Hammerschlag-Effekts aufgrund zu geringer Lackstärke. Am Ende war ich so frustriert, dass ich zur Schaumstoffrolle gegriffen habe. Das sieht jetzt zwar auch beschissen aus, aber wenigstens ist die Lackschicht gleichmäßig deckend:

Hätte ich mal auf meine innere Stimme gehört und Brantho-Korrux 3-in-1 verwendet. Das wird mit der Schaumstoffrolle zwar auch eine leicht raue Oberfläche, aber wenigstens gleichmäßig und schön matt.
Egal. Ich habe Glück, es ist ja ein Geschenk, so dass ich mir das Elend nicht dauernd angucken muss.
Wenigstens rostet nun der Planschrank nicht mehr weiter und wenn Tobias in Rente geht, kann er ihn ja wieder abschleifen und dann ordentlich lackieren.

My Minikran II

Nachdem das große Tauen bei uns eingesetzt hat, habe ich mich mal an die Bestandsaufnahme beim Minikran begeben.
Als erstes steht ein umfassender Service auf dem Plan. Leider hat die Firma Böcker (zu denen Steinweg mittlerweile gehört) noch nicht auf meine Anfrage zu u.a. einer Bedienungsanleitung reagiert, aber im Netz findet sich die Bedienungsanleitung seiner moderneren Brüder. Darin ist die Rede davon, dass man alle 50 Betriebsstunden die Schmierstellen bedienen soll und „vor und nach längerer Außerbetriebsetzung“ nachschmieren soll.
Wenn jedoch Schmiernippel so aussehen:

weiß man sicher, dass sich da in den letzten 10+ Jahren niemand drum gekümmert hat. Ihr seht keinen Schmiernippel? Doch klar: Der kleine Dreckklumpen seitlich an der Radnabe….
Bei der Gelegenheit will ich auch den Läufer oben aus dem Ausleger ausbauen und reinigen.
Die Laufkatze muss man von Hand bedienen und entsprechend leichtgängig sollte sie sein, wenn da 300 kg dran hängen. Aktuell macht es aber eher den Eindruck, als würde man sie durch schwarzen zähen Honig zerren.
Neben dem Service will ich mich der Elektrik zuwenden.
Da waren in den letzten ~25 Jahren auch Menschen mit unterschiedlichem Wissensstand am Werk:

Neu abdichten muss ich die Zentralelektrik auch. Als ich sie aufschraubte, lief mir ein ganzer Schwall Wasser entgegen.

Die Kabel sind teils aufgescheuert, Strippen wurden nachgezogen, andere abgekniffen:

Auch um den bestialisch schweren Kettenzug (von 1988) will ich mich ein wenig kümmern:

Der soll zumindest eine Regenhaube bekommen, damit er draußen bleiben kann.

Wie gesagt: Der Preis war fair.

WABECO No.25 II

Natürlich bin ich mittlerweile auch mit dem geerbten WABECO No.25-Schraubstock fertig.
Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass auch mein zweiter Schraubstock von WABECO ist?

Ist mir allerdings auch erst aufgefallen, als zufällig beide nebeneinander standen und ich das Logo sah.
Der Zweite ist ein Modell No. 23 aus Aluguss mit 125mm breiten Backen. Ich denke irgendwas aus den 90ern.
Der musste auch gleich den kleinen Bruder in die Zange nehmen, damit ich die rostig-vernarbte Ambossfläche mit der Feile bearbeiten konnte:Nach ordentlich Ellenbogenschmalz war die Fläche wieder ausreichend glatt und plan:Auch die Auflageflächen der Spannbacken habe ich mit der Feile geglättet:Alle Gewinde und Schrauben genossen eine Reinigung mittels Gewindeschneider:Für die anschließende Lackierung habe ich den Hammerschlag-Lack „Metallblau“ von Hammerit verwendet. Leider habe ich die Dose VOR der Reinigung des Schraubstocks gekauft. Nachher musste ich feststellen, dass der originale Farbton deutlich dunkler ist. „Dunkelblau“ sollte da ganz gut passen. Die Verarbeitung mit dem Pinsel war ok, auch wenn die Deckkraft stellenweise zu wünschen übrig ließ. Ich habe auch (wie im Original) sowohl die Backen als auch die Schrauben mit lackiert.Für den abschließenden Zusammenbau habe ich mir noch ein Spezialwerkzeug aus einem Stück 18mm Kupferrohr (Rest vom Ofuro-Bau) gebastelt, um die Feder zu komprimieren und gleichzeitig die Spindel mit einem Splint sichern zu können:Natürlich gab es noch an alle strategischen Stellen etwas Schmierfett.
Trotz der falschen Farbe finde ich, dass No. 25 wieder ganz schick aussieht:Insbesondere der Unterschied zu vorher ist deutlich:

Dem Gebrauchswert dürfte die falsche Farbe auf jeden Fall keinen Abbruch tun.
Jetzt muss ich mir im Nachgang noch ein paar Alu-Backen basteln und ihn mit dem Krawatteneck verheiraten.

Wabeco No.25 I

Liebe Menschen haben mal wieder an mich gedacht und mir einen WABECO No.25 75 vermacht:

WABECO ist die Abkürzung für „Walter Blombach & Co.„, einen bekannten Hersteller von Fräs- und Drehmaschinen.

„No.25“ bezeichnet hierbei die Bauform und „75“ die Breite der Backen in Millimeter. Es ist also eher ein handliches Hobby-Modell.

Wie man unschwer erkennen kann bedurfte das gute Stück etwas Liebe, bis es mit dem Krawatten-Eck ein zeitgenössisches Ensemble bilden kann. Als Lehrstücke finden sich multiple Beiträge bei YouTube oder im Netz. Also zuerst mal alles in Rostlöser einweichen und zerlegen. Der Schlitten hat keinen hinteren Anschlag an der Spindel, so dass man ihn einfach herunter drehen kann. Hierbei kommt einem auch die kleine Ausgleichsplatte entgegen, mit der das Spiel des Schlittens eingestellt wird:

Weiter geht’s auf der Unterseite:

Um die Spindel aus dem Gehäuse zu entfernen, muss der Pin links neben der Feder raus. Achtung, er ist aus eher weichem Metall und lässt sich auch nicht nach innen durchschlagen. Hier ist Schluss:

Ich habe ihn rausbekommen, indem ich die Spindel schräg stellte und den Pin möglichst weit diagonal raushämmerte:

Dann konnte ich den schmalen Überstand des Splintes mit einer Gripzange greifen und ihn langsam rausdrehen/ziehen. Anschließend kann man die Spindel einfach nach vorne rausziehen. Die Reihenfolge der Bauteile ist folgendermaßen:

Danach habe ich die Backen gelöst. Hier ist ein großer Schraubenzieher samt Schlüssel oder ein Hand-Schlagschrauber angebracht:

Da die Enden der Schlitzschrauben im Freien sitzen, rosten sie gut fest. Also Obacht. Anschließend habe ich alles in Bremsenreiniger gebadet und mit Fertan eingepinselt:

Für solche einfachen Bauteile sollte sich Fertan eigentlich gut eignen. Es sollte zumindest ein übersichtlicher Test werden. 48h später habe ich die Teile dann abgewaschen und war von dem Ergebnis nur so mittel angetan:

Wie ihr seht hat das Fertan auf der Basis (rechts) gut funktioniert, aber auf dem Schlitten (links) hat sich kaum etwas getan. Eine Erklärung habe ich nicht wirklich, da ich alle Teile identisch behandelt habe. Ich habe auf eine weitere Behandlung verzichtet, da die von mir ausgesuchte Farbe eh damit protzt, direkt auf Rost aufgetragen werden zu können. Und damit beschäftigen wir uns dann im nächsten Teil.