Schlagwort-Archive: restaurieren

Klaufix I

Nachdem das Rätsel gelöst wurde, steigen wir mal direkt ins Thema ein:
Den HP300 (genauer HP301.01/3 TGL 13644) vulgo „Klaufix“ bekam ich über eines meiner (gänzlich unironisch) geliebten Koppelgeschäfte. Bodos JZR-Transportanhänger hatte ich ja im Bekanntenkreis vermittelt. Als Dreingabe zum Kaufpreis gab es damals noch die Zusage, mir einen „kleinen Anhänger“ zu schenken. Diese Karte zog ich nun, als Tobias ankündigte, demnächst ein Haus und eine Halle sanieren zu müssen. Mit einem kleinen Anhänger als Dauerleihgabe hat er schon mal etwas Starthilfe, bis er sich was größeres eigenes kauft.
Also fröhlich mit dem Bekannten einen Termin abgemacht (er musste den Klaufix erst in seinem eigenen Fundus ausgraben) und auf die Lafette verladen:

HP300 abgeholt

Wenn ich groß bin, will ich so werden wie du!

Groß und klein

Hergestellt wurde der HP300 im Jahr 1988 im „VEB Warnowwerft Warnemünde„. Die bauten eigentlich die ganz großen Pötte. Dementsprechend sehen auch einige der Schweißnähte an dem Anhänger aus. Alles unter 15mm war Feinblech für die Genossen. Sein Vorteil ist der Ganzstahlaufbau samt verzinkter Seitenwände (viele der HP300 aus anderen VEBs hatten Holzaufbauten/-Böden). Augenscheinlich stand er auch die meiste Zeit trocken und wurde pfleglich behandelt. Ich fand kein einziges Rostloch. Für den guten Pflegezustand spricht auch, dass noch immer das original Ersatzrad (siehe DOT) montiert war:

DOT Ersatzrad

Ob dieses guten Zustandes und eines kleinen nützlichen Kunststückes, das er kann (zeige ich später), stand der Entschluss einer Restaurierung relativ schnell im Raum. Finanziell sinnfrei, aber sonst hebt doch niemand sowas auf.
Also zerlegen wir ihn mal:

Beginn der Zerlegung

Die Elektrik war erfreulich unverbastelt:

Rücklicht geöffnet

Allerdings waren die Rücklichter blind und durch zu starke Leuchtmittel angeschmolzen. Die kamen also schon mal auf die Einkaufsliste.
Die Kenzeichenleuchten zerbröselten in meinen Fingern:

Zerbröselte Kennzeichenleuchte

Aufgrund seines handlichen Gewichtes ließ er sich leicht auf den Rücken drehen. So eine Europalette mit Schwerlastrollen ist auch ein super Arbeitstisch:

Rahmen HP301.01

Auch der Rahmen sah solide aus.
Die 12 Schichten schwarze Farbe sind sicherlich hoch krebserregend, aber sie haben ihren Dienst erfüllt.
Auf dem Rücken liegend stellte ich fest, dass die Radlager auf beiden Seiten deutliche Geräusche machten. Die kamen also auch auf die Liste.
Die Alu-Radnaben ließen sich gut abziehen:

Radnabe abziehen

Bei sowas schraube ich immer gerne die Mutter umgekehrt auf den Achsstummel und lasse sie ganz knapp überstehen. So verhindert man zum Einen, dass der Abzieher (wenn mehr Gewalt nötig ist) den Achsstummel oval drückt und durch den schmalen Überstand verhindert man auch, dass der Abzieher vom Stummel wandern kann.
Auch die Radlager waren noch Erstauslieferung:

Altes Radlager

Hinter dem inneren Radlager saß noch eine Scheibe, welche das Lager eigentlich vor Dreck schützen soll:

Radlager abgezogen

Da gibt es mittlerweile aber deutlich bessere Umbausätze.
Eh ich die Achsen ausbaute, habe ich noch die Gewinde der Gummifedern vermessen, um später die Vorspannung wieder einstellen zu können:

Länge Federgewinde

Noch ein Bild von der Anordnung und dann konnte das auch alles raus:

Federung demontieren

Erstaunlicherweise sahen die Gummibuchsen noch genauso gut aus, wie die Federelemente. Das konnte ich alles bedenkenlos wiederverwenden.
Um den Rahmen sandstrahlen und pulverbeschichten zu lassen, mussten auch die Blech-Kotflügel ab. Keine Ahnung, wer den Konstrukteuren damals den Schnaps gegeben hat, aber Schlitz-Senkkopfschrauben gehen nach fast 40 Jahren nur mit ganz viel Kriechöl, Hitze, Schlagschrauber und Fluchen raus:

Schlagschrauber Schlitz

Also alle bis auf eine…..
Die bekam das Schweißgerät zu schmecken. Das führte aber nur zu einem geteilten Echo:

Mutter abgerissen

Nun schlug die Stunde meines größten Fehlers!
Ich dachte mir, dass das doch mal eine gute Gelegenheit für einen Test mit einem Linksausdreher wäre. Ich bohrte also ein kleines Loch in den Bolzenrest, so dass sich der Ausdreher gut verkeilen konnte und brach ihn prompt ab:

Linksausdreher abgebrochen

Jetzt hatte ich auch noch ein Stück gehärteten Stahl in dem Loch stecken. Ganz großes Tennis!
Den Versuch, den Rest von hinten auszubohren gab ich bald erfolglos auf:

Ausbohren von der Rückseite

Es blieb mir am Ende nichts anderes übrig, als mit der Flex die aufgeschweißte Flachmutter abzuschleifen:

Mutter weggeschliffen

Dann gibt es da in Zukunft halt einfach eine ganz normale Mutter. Ich hab eh keine Ahnung, warum die Werftarbeiter da unbedingt eine Flachmutter aufschweißen mussten.
Und den Rest von dem Ausdreher-Set schenke ich einem meiner größten Feinde.
Damit war alles zerlegt und die nötige Shopping-Liste erstellt.
Nun hieß es auf den Pulverbeschichter und die DHL-Fee warten.

Heulsusen I

Der beste Nachbar aller Zeiten kam neulich mit ein paar historischen Schmuckstücken um die Ecke.
Neben einem Wandbild aus echtem Menschenhaar von 1887 (*ürgs*) fanden sich auch zwei IMI AL 1578:

Die kleinen Pilzköpfe wurden in der DDR genutzt um die Nationale Volksarmee vor dem herannahenden Kapitalismus zu warnen.
Sowas macht sich sicherlich gut an der zukünftigen Alarmanlage des Genesungswerkes.
Also besehen wir uns die Patienten doch mal näher, ob ihnen noch ein Tönchen zu entlocken ist. Den Anfang macht das deutlich besser erhaltene Exemplar:

Hier mal das Typenschild im Detail:

Da sich der Rotor von Hand ohne Widerstand oder merkliche Geräusche drehen ließ, habe ich mich mal an eine provisorische Verkabelung gewagt.
Der Anschlusskasten ist erfreulich übersichtlich:

Mit einer extra Feinsicherung gab es dann direkt einen Probelauf:

Heidewitzka, ist der kleine Schreihals laut! Gut das ich Ohrschützer auf hatte.
Wenn der Kollege los legt, bricht niemand einfach weiter ein.
Natürlich habe ich (um niemanden in der Nachbarschaft zu verschrecken) den Probelauf synchron zum samstäglichen Probealarm der örtlichen Feuerwehr gelegt.
Nachdem also klar war, dass die Sirene technisch 1A ist, habe ich mich mal an eine neue Verkabelung gemacht:

Die WAGO-Leuchtenklemmen sind super für sowas.
In Teil 2 wenden wir uns dann der hässlichen Schwester des kleinen Musterschülers zu. Da stand nämlich eine Komplettrevision an.

Planschrank

Tobias ist seit längerer Zeit auf der Suche nach einer kostengünstigen Aufbewahrungsmöglichkeit für sein Werkzeug.
Ich persönlich bin ja ein Fan von Küchenunterschränken, er eher von Werkzeugwagen. Letztere sind aber bekanntermaßen unbezahlbar.
Sein Lösungsansatz heißt Planschrank. Sind regelmäßig auch nicht billig, aber zumindest ist der Interessentenkreis geringer als bei echten Werkzeugschränken.
Im Original werden/wurden diese Schränke verwendet, um bei Architekten und Ingenieuren große Zeichnungen und Pläne ungeknickt zu verstauen.
Vor einiger Zeit fand er einen solchen Schrank bei ebayKleinanzeigen in der Umgebung von Magdeburg und schickte mir den Link strategisch geschickt kurz vor seinem Geburtstag.
Gut, bei 10 € Kaufpreis kann man wenig falsch machen. Selbst wenn er so aussieht:

Drei Schichten Farbe:

reichlich Dellen:

und auch Rost zeugten von einem bewegten Leben:

Selbst einige der Schubladen waren verbogen:

Wenigstens passt selbst mit einer 15mm-OSB-Platte noch eine Lage Werkzeug gut in die Schubladen:

Bei der ersten Reinigung fanden sich Überbleibsel seiner Vergangenheit:

Wahrscheinlich wurde in diesem Planschrank die jährliche Plan-Plansollübererfüllung abgelegt.
Damit der Junge nicht ganz so ein trauriges Wrack bekommt, habe ich mal die CSD-Scheibe kreisen lassen:

Teilweise ließ sich der Lack aber auch einfach mit dem Spachtel abkratzen:

Die Beste Wirkung erzielte jedoch die Zopfbürste auf der Flex:

Erfreulich war, dass sich auch die Farbe von den Griffen entfernen ließ:

In einem Anflug von Experimentierfreudigkeit habe ich mal Hammerschlagfarbe von Alpina getestet:

Ich hegte die Hoffnung, dass die Hammerschlagoptik einige der Blessuren kaschieren würde.
Leider war die Lackierung aber ein herber Reinfall.
Als erstes testete ich die vom Hersteller empfohlene „kurzflorige Rolle“ zum Lackauftrag. Das sah aber so aus, als hätte ich eine der Nachbarskatzen zum Rollen verwendet. Alles voller Fussel und ohne Ende scheckig. Also nächster Versuch, wie beim Schraubstock, mit dem Pinsel.
Dabei wird der Lack leider auch total fleckig. An senkrechten Flächen hat man die Wahl zwischen Läufern und einem ausbleiben des Hammerschlag-Effekts aufgrund zu geringer Lackstärke. Am Ende war ich so frustriert, dass ich zur Schaumstoffrolle gegriffen habe. Das sieht jetzt zwar auch beschissen aus, aber wenigstens ist die Lackschicht gleichmäßig deckend:

Hätte ich mal auf meine innere Stimme gehört und Brantho-Korrux 3-in-1 verwendet. Das wird mit der Schaumstoffrolle zwar auch eine leicht raue Oberfläche, aber wenigstens gleichmäßig und schön matt.
Egal. Ich habe Glück, es ist ja ein Geschenk, so dass ich mir das Elend nicht dauernd angucken muss.
Wenigstens rostet nun der Planschrank nicht mehr weiter und wenn Tobias in Rente geht, kann er ihn ja wieder abschleifen und dann ordentlich lackieren.

My Minikran II

Nachdem das große Tauen bei uns eingesetzt hat, habe ich mich mal an die Bestandsaufnahme beim Minikran begeben.
Als erstes steht ein umfassender Service auf dem Plan. Leider hat die Firma Böcker (zu denen Steinweg mittlerweile gehört) noch nicht auf meine Anfrage zu u.a. einer Bedienungsanleitung reagiert, aber im Netz findet sich die Bedienungsanleitung seiner moderneren Brüder. Darin ist die Rede davon, dass man alle 50 Betriebsstunden die Schmierstellen bedienen soll und „vor und nach längerer Außerbetriebsetzung“ nachschmieren soll.
Wenn jedoch Schmiernippel so aussehen:

weiß man sicher, dass sich da in den letzten 10+ Jahren niemand drum gekümmert hat. Ihr seht keinen Schmiernippel? Doch klar: Der kleine Dreckklumpen seitlich an der Radnabe….
Bei der Gelegenheit will ich auch den Läufer oben aus dem Ausleger ausbauen und reinigen.
Die Laufkatze muss man von Hand bedienen und entsprechend leichtgängig sollte sie sein, wenn da 300 kg dran hängen. Aktuell macht es aber eher den Eindruck, als würde man sie durch schwarzen zähen Honig zerren.
Neben dem Service will ich mich der Elektrik zuwenden.
Da waren in den letzten ~25 Jahren auch Menschen mit unterschiedlichem Wissensstand am Werk:

Neu abdichten muss ich die Zentralelektrik auch. Als ich sie aufschraubte, lief mir ein ganzer Schwall Wasser entgegen.

Die Kabel sind teils aufgescheuert, Strippen wurden nachgezogen, andere abgekniffen:

Auch um den bestialisch schweren Kettenzug (von 1988) will ich mich ein wenig kümmern:

Der soll zumindest eine Regenhaube bekommen, damit er draußen bleiben kann.

Wie gesagt: Der Preis war fair.

WABECO No.25 II

Natürlich bin ich mittlerweile auch mit dem geerbten WABECO No.25-Schraubstock fertig.
Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass auch mein zweiter Schraubstock von WABECO ist?

Ist mir allerdings auch erst aufgefallen, als zufällig beide nebeneinander standen und ich das Logo sah.
Der Zweite ist ein Modell No. 23 aus Aluguss mit 125mm breiten Backen. Ich denke irgendwas aus den 90ern.
Der musste auch gleich den kleinen Bruder in die Zange nehmen, damit ich die rostig-vernarbte Ambossfläche mit der Feile bearbeiten konnte:Nach ordentlich Ellenbogenschmalz war die Fläche wieder ausreichend glatt und plan:Auch die Auflageflächen der Spannbacken habe ich mit der Feile geglättet:Alle Gewinde und Schrauben genossen eine Reinigung mittels Gewindeschneider:Für die anschließende Lackierung habe ich den Hammerschlag-Lack „Metallblau“ von Hammerit verwendet. Leider habe ich die Dose VOR der Reinigung des Schraubstocks gekauft. Nachher musste ich feststellen, dass der originale Farbton deutlich dunkler ist. „Dunkelblau“ sollte da ganz gut passen. Die Verarbeitung mit dem Pinsel war ok, auch wenn die Deckkraft stellenweise zu wünschen übrig ließ. Ich habe auch (wie im Original) sowohl die Backen als auch die Schrauben mit lackiert.Für den abschließenden Zusammenbau habe ich mir noch ein Spezialwerkzeug aus einem Stück 18mm Kupferrohr (Rest vom Ofuro-Bau) gebastelt, um die Feder zu komprimieren und gleichzeitig die Spindel mit einem Splint sichern zu können:Natürlich gab es noch an alle strategischen Stellen etwas Schmierfett.
Trotz der falschen Farbe finde ich, dass No. 25 wieder ganz schick aussieht:Insbesondere der Unterschied zu vorher ist deutlich:

Dem Gebrauchswert dürfte die falsche Farbe auf jeden Fall keinen Abbruch tun.
Jetzt muss ich mir im Nachgang noch ein paar Alu-Backen basteln und ihn mit dem Krawatteneck verheiraten.