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Motorenfragmente

Nachdem hier in letzter Zeit die Neuwagenschrauberei frappierende Überhand genommen hat, habe ich mich mal back to the roots begeben und für Lola Köpfe mit Nägeln gemacht.
Ihr erinnert euch vielleicht ganz dunkel, dass sie partout ihren dritten Gang nicht drin behalten wollte. Mein Latein war/ist diesbezüglich am Ende.
Glücklicherweise hat Wuschel, welcher ja schon beim „3. Roller und Kleinwagentreffen in Billerbeck“ so nett war sich die Sache mal anzugucken, sich erneut bereit erklärt, mir unter die Arme zu greifen.
Er hat mich zu einem gemeinsamen Motoren-Bau-Wochenende zu sich nach Dortmund eingeladen.
Dafür brauchte ich nun aber Ersatzteile.
Da ich aber mit meinen bescheidenen Mitteln nicht raus finden kann, ob der 3. Gang nun an einer verschlissenen Schaltwelle oder einer ausgenudelten Führung im Motorgehäuse scheitert, habe ich einfach mal Ausschau nach einem kompletten Motor gehalten. Den kann man dann schlachten und die fehlerhaften Teile tauschen. So zumindest der Plan.
Die landen aber, in der recht seltenen „Hycomat“-Ausführung, regelmäßig bei 80+€. Also galt es da mal wieder die Schnäppchen-Niesche zu finden.
Passenderweise tauchte bei eBay ein konvolut Halbautomatik-Motorenfragmente nur für Selbstabholer in Dortmund auf:

Ein kompletter Motor und drei Teilzerlegte, samt einem Karton sonstigem Gelump.
So viele Teile braucht normalerweise keiner und nur Abholung reduzierte nochmal den Bieterkreis, so dass ein relatives Schnäppchen zu machen war.
Wuschel war so freundlich (parallel zu seinem eigenen Umzug!), für mich Teiletaxi zu spielen und die Fragmente bei dem (recht unfreundlichen) Verkäufer abzuholen.
Als ich die Adresse raus suchte und mal fix mit Google-Streetview abglich, musste ich schmunzeln:
Duo Motoren
Mit den Duos vor der Haustür sollte das recht einfach zu finden sein.
Mittlerweile hat Wuschel auch Vollzug vermeldet und beim einladen schon eine nagelneue Kurbelwelle erspäht.
Das sollte bei der Refinanzierung helfen.
Ich bin gespannt, was er bei der näheren Durchsicht noch alles entdeckt und ob Kernschrott oder brauchbares Material vorliegt.
Der Frühling steht in den Startlöchern und ich auch!

P.S.: Vielen Dank für deine Mühen, Wuschel! Ich hoffe, die Aktion hat dir nicht zu viele Umstände bereitet.

Skateboards für Lola

Auch für Lola hab ich mal wieder was gebastelt. Nachdem es nun in der Garage dank des Rallye-Eis etwas eng zu geht, habe ich das aktuelle Praktiker-Angebot wahrgenommen und mir dort für 5,99€ pro Stück drei Rollbretter geholt:

Schon als ich Lolas Felgen aufgearbeitet habe, habe ich festgestellt, wie praktisch meine Eigenbau-Transportrollen waren.
Die neuen Bretter haben nun den Vorteil, dass sie vier drehbare Rollen haben und bis 200Kg pro Stück belastbar sind. So kann ich Lola einfach auf sie drauf stellen und sie dann seitwärts in die Ecke der Garage schieben, ohne Angst haben zu müssen, irgendwo anzuecken.
Theoretisch könnte ich auch Sir Edward oder den Bug auf die Bretter stellen. Die wiegen ja auch jeweils weniger als 600 kg (und an keinem Rad mehr als 200 Kg).
Die Rollbretter sind aus Pressplatten und nicht gegen Umwelteinflüsse geschützt. Da sie aber bei mir die erhöhte Luftfeuchtigkeit in der Garage überleben müssen, habe ich sie noch etwas getunt. Erstmal mussten dazu die Aufkleber ab:

Die Biester klebten aber so hartnäckig, dass alles knibbeln nichts geholfen hat und ich zu größerem Kaliber greifen musste. Die Nylon-Bürste hat sie aber zuverlässig runter gerupft. Wenn auch mit etwas Holz. Schön ist anders, aber das ist an dieser Stelle auch egal.
Der nächste Schritt war der Lackauftrag. Hier geht eigentlich jeder Rest, sofern er wasserabweisend ist. Vaddern hatte noch eine angefangene Dose Parkett-Lack im Regal:

Der ist auch noch hoch abriebfest und auch etwas resistenter gegen Stöße. Kann nicht schaden.
Oben kamen zwei Schichten drauf, die Unterseite und die Ränder müssen sich mit einer begnügen.
Sobald der Lack trocken ist, schraube ich noch jeweils zwei Leisten an die kurzen Enden, auf Höhe der Rollen, so dass das darauf stehende Fahrzeug nicht von dem Brett rollen kann, bzw. es hoch klappt.

Ein Scheunenfund

Ich suchte also einige Zeit bei den klassischen Quellen mobile.de und ebay. Da ich beschlossen hatte, an meinem Duo ein wenig das 2-Takt-Schrauben zu üben durfte es ruhig ein nicht ganz perfektes Vehikel sein. allerdings wollte ich auch keine Leiche, die ich erst noch wiederbeleben musste. Es war Anfang des Sommers und ich wollte nicht länger radeln!

Da der Versand solcher Fahrzeuge nicht so ganz einfach ist und ich keine Lust hatte mit einem mir unbekannten Fahrzeug 400 Km nach hause zu gurken suchte ich nach Duos in meiner näheren Umgebung. Und ich fand eins! gerade mal 50 Km von Osnabrück entfernt! Sah auf den Bildern auch garnicht mal so schlecht aus. der Verkäufer sprach von „fahrbereit“. Also einfach mal blind gekauft.

Nein, dass es ein „Fehler“ war, will ich nicht sagen….ich habe viel daraus gelernt! Allerdings musste ich zweimal kommen um die Kiste ab zu holen. Das erste Mal kam ich exakt 30 Meter weit. Der Ausgleichsbowdenzug der Lenkung war gerissen und das Vorderrad schlackerte unkontrollierbar hin und her. Der Verkäufer sagte, er kenne jemanden, der sich mit den Kisten auskennt und der das fixt. Er zahlt. Ok, dachte ich mir, dann wird das auch ordentlich. Kann ja mal passieren, wenn nen Fahrzeug über 2 Jahre unbewegt in ner Scheune steht. Ne Woche später kam ich wieder um einen neuen Anlauf zu starten. Der Verkäufer übergab mir wortlos die Reparaturquittung von dem Bowdenzug: 120€…*aua* das senkte seinen Erlös doch gewaltig.

Also frohgemut auf die Piste! Noch in der Auffahrt ging mir der Sprit aus…..ok, kein Problem. Der Verkäufer hatte noch nen Kanister mit 2-T-Sprit. Also rein damit und neuer Versuch. Das ging auch ca. 10 Km gut. Dann ging mir das Duo dauernd aus und wollte nicht wieder starten. Also an den Rand geschoben und auf einem Friedhofsparkplatz nach der Ursache gesucht…nix gesehen, aber auch keine Ahnung von der Materie.
Ok, was tun?!…. Auf der Quittung von dem Typen, der den Bowdenzug repariert hatte, stand auch seine Telefonnummer und Adresse…“Neuenkirchen-Vörden“…wo zur Hölle ist das und wo bin ich überhaupt? Also zur nächsten Tanke und fragen, wie das Kaff überhaupt heißt und siehe da: der Ort in dem ich liegengeblieben war hieß „Neuenkirchen-Vörden“! Geile Scheiße! Was ein Glück im Unglück! also habe ich mich durchgefragt, bis ich die Werkstatt von dem Typen gefunden hatte, der das Duo schon mal repariert hatte. „Werkstatt“ ist ein großes Wort für diese Gerümpelkammer. Aber ich hatte keine Wahl. Also mit dem Mechaniker kurz geschnackt und Lola quer durch den Ort zu ihm auf den Hof geschoben. Nee, jetzt so aus dem Stehgreif könne er da auch nix machen. seine Tochter fährt mich zurück nach Osnabrück und er schaut sich den Bock in Ruhe an und macht ihn wieder fahrbereit….das klang teuer. Im Nachhinein hätte ich mir das havarierte Gefährt einfach von ihm nach hause liefern lassen sollen und mich selbst drum gekümmert. Aber damals war ich jung und wusste noch nicht, wie einfach strukturiert so ein Zweitakter ist…

Wieder eine Woche später kam mein Duo dann auf nem Hänger nach Osnabrück. Es war lediglich ein verstopfter Auspuff gewesen… 80€ bitte…tolle Wurst… Naja, wir verbuchen es unter Lehrgeld. Und so stand mein Duo endlich vor meiner Haustür!

Anbei noch ein paar Bilder vom Urzustand:

Linke Seite
rechte Seite
Lenker
Motor
Rückwertige Ansicht
Innenraum

Vom Kriegsversehrtenmobil zum Spaßvehikel

Nun mal ein wenig zur Geschichte des Duos:

Das Simson Duo 4/1 wurde in der DDR als Krankenfahrstuhl für Kriegsversehrte gebaut. Hergestellt wurden die Duos in wechselnden Fabriken („VEB“s = „Volkseigene Betriebe“). Meine Lola wurde 1979 im VEB Robur-Werk zusammengeschraubt. Haupterzeugnis dieses VEBs waren eigentlich Lastkraftwagen bis drei Tonnen Nutzlast, aber das sah man in der DDR ja generell nicht so eng…

Der Status eines Krankenfahrstuhls bringt einige Kurriositäten mit sich. Die Bedienung ist zum Beispiel so ausgelegt, dass man keine Beine braucht um ein Duo zu fahren. Anreißen, schalten, Handbremse, Gas, Bremse alles geschieht per Hand und über verschiedene Hebel. Das bringt für den Duo-Neuling einige Eingewöhnungsschwierigkeiten mit sich. Nehmen wir als Beispiel die Schaltung: Der Motor samt Getriebe stammt aus der Simson „Schwalbe“ KR51/1 S. Das hat den Vorteil, dass man bei der verbauten halbautomatischen Fliehkraftkupplung kein Kupplungspedal hat und somit wieder eine Sache für den armen Behinderten einspart. Es hat aber auch den Nachteil, dass man eine Motorradschaltung hat. Also die Gänge in verschiedenen ebenen „übereinander“ liegen. Ganz „unten“ 1. Gang, dann Leerlauf, 2. Gang, 3. Gang. Da der Kriegsversehrte aber kein Bein mehr hat um die Schaltwippe zu treten, wurde ein Schaltgestänge verbaut, so dass die Gänge nun per Hand in Hüfthöhe „hintereinander“ geschaltet werden können. Ranziehen = runterschalten, wegdrücken = hochschalten….. und da erzähle mir noch einer, dass die Tiptronic eine Erfindung des Motorsports sein…*Pfff*
Ein weiterer Vorteil ist, dass man das Duo als „Krankenfahrstuhl“ versichern kann. Das ist zwar ein normales Mofa-Kennzeichen, aber die Beiträge sind nochmal ein Stück billiger. Ich habe dieses Jahr z.B. für Haftpflicht mit Teilkasko knapp 55 Euronen gezahlt. Nicht im Monat…im JAHR!
Auch die E10-Diskussion kann den Besitzer eines Duos kalt lassen. Die Motoren sind auf dermaßen schlechten Sprit ausgelegt, dass sie so ein bisschen Ethanol nicht schocken kann. Ich kenne Leute, die ihr Duo problemlos mit E85 (85% Ethanol) betreiben. Nur andere Düsen im Vergaser und fertig. Das Duo-Handbuch schreibt zum Thema „Sprit“ übrigens, dass man keinesfalls Sprit mit unter 79 Oktan (ROZ) tanken soll…Das sagt eigentlich alles, wenn man weiß, dass in (West-)Deutschland selbst „Normal Benzin“ nicht unter 91 Oktan (ROZ) haben darf.