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gut achten

Wie ihr vielleicht schon gehört habt, tritt mit dem 01.10.2011 eine neue Richtlinie, für die Begutachtung von Fahrzeugen welche gemäß § 23 StVZO als Oldtimer (H-Kennzeichen) eingestuft werden sollen, in Kraft.
Die neue Richtlinie vereinfach/regelt vieles, was bisher umstritten war und liefert gleichzeitig viele neue schwammige Rechtsbegriffe. Ein Fest für den Juristen in mir.
Bisher galt eine Richtline aus dem Jahre 1997. Die findet ihr bei Interesse z.B. hier.
Die neue Richtline wurde am 15.04.2011 im Verkehrsblatt Nr. 7 Seite 257ff. (VO-Nummer 83) veröffentlicht.
Ihr findet sie im Original-Text hier.
Da ich weiß, dass euch Gesetzestexte (im weitesten Sinne) nur langweilen, gibts hier mal die wesentlichsten Neuerungen knackig zusammengefasst:

  • Begutachtung nicht mehr nur durch TÜV/Dekra, sondern geschulte Prüfingenieure aller amtlich anerkannten Sachverständigenorganisationen
  • Entfall der Mindestanforderung „Zustandsnote 3“
  • Dafür nur noch neben Originalität ein guter Pflege- und Erhaltungszustand in Abgrenzung von „normalen alten“ Fahrzeugen.
  • Die Hauptbaugruppen müssen angelehnt an den damaligen Originalzustand oder zeitgenössisch ersetzt sein
  • Durch eine zusätzliche Ausrüstung und Ausstattung darf der Originaleindruck des Fahrzeugs nicht beeinträchtigt werden
  • Erstzulassung vor 30 Jahren ist kein zwingendes Kriterium mehr (Stichwort: nie zugelassen). Ausnahmegenehmigung möglich
  • Zeitgenössische Umbauten nun auch möglich, wenn nicht in den ersten zehn Jahren nach Erstzulassung erfolgt
  • Nun auch Änderungen möglich die im gleichen Zeitrahmen hätten vorgenommen werden können („epochengerecht“)

Was diese Neuerungen wirklich bringen oder ob alles so weiter geht, wie bisher, weiß ich noch nicht so genau.
Da jedoch einige „harte“ Kriterien (z.B. Alter der Umbauten) weggefallen sind, erwarte ich wesentlich mehr „heiße Kisten“ mit H-Kennzeichen und andere auch fragwürdige Umbauten. Man muss ja jetzt nur noch irgendeinen Sachverständigen finden, der das in seinem sehr breiten Ermessensspielraum abnickt. Das war zwar bisher auch möglich, erforderte jedoch einigen Aufwand.
Ich will das auch gar nicht als gut oder schlecht werten. Ist nur eine objektive Prognose.

Einer ist immer der Erste II

Mittlerweile habe ich einen guten Kontakt zu dem für Exoten zuständigen Chef beim TÜV-Nord. Sehr netter und verständnisvoller Mensch übrigens. Er konnte mich, was einige für den Rialto zutreffende Bauteil-Bestimmungen aus der Liste betrifft beruhigen bzw. bestätigen.

Für den Rialto gelten folgende Bestimmungen bzw. könnten nach meinen Informationen problematisch werden:

§ 22a StVZO ab 01.04.1957 BAG Pflicht für Sicherheitsglas = Der Rialto-Kombi hat aus Gewichtsersparnisgründen die hinteren Seitenscheiben aus Plexiglas = Lösung: Zur not Scheiben anfertigen lassen. Sind einfache, plane Scheiben.

§ 22a StVZO ab 01.01.1986 BAG Pflicht für Rückfahrscheinwerfer = Der Rialto hat keinen Rückfahrscheinwerfer = Lösung: Ausnahmegenehmigung nicht möglich. Steuerung über manuellen Kippschalter nicht zulässig. Steuerung über Druckschalter in Schaltkulisse zulässig.

§ 35a StVZO ab 01.01.1988 Pflicht für Dreipunktgurte hinten = Hinten gibts nur Beckengurte. = Lösung: Laut TÜV ist eine Ausnahmegenehmigung kein Problem.

§ 59 StVZO vor 01.10.1969 FIN auch auf genietetem Schild zulässig = Is ja alles Plastik = Lösung: FIN in den Rahmen einschlagen lassen. Willkommen neuer Rostherd…

§ 35a StVZO ab 01.01.1992 Verankerungspunkte für Sicherheitsgurte müssen 76/115/EWG entsprechen = Keine Ahnung ob die in Tamworth da jemals was von gehört haben… Allerdings ist das ne EU-Richtlinie, also müsste sie auch auf der Insel beachtet worden sein.

§ 41 StVZO ab 01.01.1991 Bremsanlage von Pkw muß RL 71/320/EWG entsprechen = siehe oben

§ 57 StVZO ab 01.01.1991 Geschwindigkeitsmesser muss RL 75/443/EWG entsprechen = siehe oben

§ 50 StVZO ab 01.01.1990 Leuchtweitenregulierung erforderlich = keine Ahnung, ob er das hat. Müsste aber eine Ausnahmegenehmigung möglich sein.

Das sind so die ersten Probleme, die mir spontan zusätzlich zu den zwingenden Umbauten von Links- auf Rechtsverkehr auffallen. Naja, der TÜV wird sicherlich noch mehr Sachen finden…. aber erscheint alles lösbar.

Die größte Ungewissheit stellt aber das Abgasverhalten dar. Laut dem Herrn vom TÜV müssen Fahrzeuge, damit sie überhaupt zulassungsfähig sind, ab EZ 1.1.1993 die EURO 1-Norm erfüllen. Glücklicherweise werden diese Werte pro Km gemessen und nicht in Relation zum Hubraum. Das bedeutet im Klartext: CO: max. 3160 mg/km und (HC + NOx): 1130 mg/km.
Blöderweise habe ich aber keine Vorstellung, wie scharf diese Grenzwerte wirklich sind und ob das 848 ccm Motörchen im Rialto sie über- oder unterschreitet. Das schränkt meine Suche daher bisher auf Fahrzeuge bis EZ 1992 ein. Ansonsten könnte ich auch die neueren Robin MK II mit in meine Auswahl einbeziehen.
Mal sehen, ob jemand im englischen Forum genauere Abgaswerte weiß.

Einer ist immer der Erste I

Mittlerweile kenne ich drei von vier (mir bekannten) Reliant-3-Rad-Besitzern in Deutschland. Leider kann mir aber keiner von denen mit meinen Zulassungsproblemen weiterhelfen. Besonders ein Abgasgutachten für den 848 ccm-Motor suche ich verzweifelt. Der eine fährt seinen Rialto mit englischen Kennzeichen, der Andere mit roter 07-Nummer und der Dritte hat den Wagen schon zugelassen gekauft und hat keine Unterlagen.
Alles nicht sehr fruchtig. Naja, dann bin ich halt der Erste, der sowas anständig für die Nachwelt dokumentiert.
Über das Fusselblog von KLE (welches ich regelmäßig lese) bin ich an eine (unvollständige) Liste gekommen, aus der hervor geht, ab welchem Baujahr welche Bauteile zwingend waren:

§§ EZ Vorschrift
70/220/EWG vor 20.04.1973 Kurbelgehäuseentlüftung darf ins Freie gehen

§ 22a StVZO ab 01.01.1954 BAG* Pflicht für Schluss- und Bremsleuchten, sowie für Rückstrahler

§ 22a StVZO ab 01.01.1954 BAG Pflicht für Scheinwerfer für Fern- und Abblendlicht

§ 22a StVZO ab 01.01.1954 BAG Pflicht für Kennzeichenbeleuchtung, Begrenzungs- und Parkleuchten

§ 22a StVZO vor 01.01.1954 Keine BAG Pflicht für Einrichtungen zum Verbinden von Fahrzeugen

§ 22a StVZO vor 01.01.1954 Keine BAG Pflicht für lichttechnische Einrichtungen

§ 22a StVZO ab 01.04.1957 BAG Pflicht für Sicherheitsglas

§ 22a StVZO ab 01.04.1957 BAG Pflicht für Fahrtrichtungsanzeiger

§ 22a StVZO ab 01.01.1961 BAG Pflicht für Glühlampen für Scheinwerfer mit asymmetr. Abblendlicht

§ 22a StVZO ab 01.01.1961 BAG Pflicht für Nebelscheinwerfer

§ 22a StVZO ab 01.04.1961 BAG Pflicht für Zusatzheizungen (ausgenommen Warmwasser- und elektrische Heizungen)

§ 22a StVZO ab 01.04.1961 BAG Pflicht für Sicherheitsgurte

§ 22a StVZO ab 01.01.1962 BAG Pflicht für Heizungen (ausgenommen Warmwasser- und elektrische Heizungen)

§ 22a StVZO ab 01.01.1986 BAG Pflicht für Rückfahrscheinwerfer (müssen an Fz. mit EZ ab 01.01.87 verwendet werden)

§ 22a StVZO ab 01.10.1998 BAG Pflicht für Luftreifen

§ 30b StVZO ab 01.10.1989 Ber. des Hubraums pi = 3,1416, Bohrung u. Hub in mm, runden auf eine Stelle nach dem Komma

§ 35a StVZO ab 01.04.1970 Sicherheitsgurte auf den vorderen Sitzen erforderlich

§ 35a StVZO ab 01.05.1979 Sicherheitsgurte auf den hinteren Sitzen erforderlich

§ 35a StVZO ab 01.01.1988 Pflicht für Dreipunktgurte hinten

§ 35a StVZO ab 01.01.1992 Verankerungspunkte für Sicherheitsgurte müssen 76/115/EWG entsprechen

§ 35c StVZO vor 01.01.1956 Keine Heizung und Lüftung im geschlossenen Pkw erforderlich

§ 35e StVZO vor 01.07.1963 Hinten angeschlagene Türen zulässig

§ 36a StVZO vor 01.01.1962 Keine genaue Definition über Radabdeckungen (keine heutigen Maßstäbe anlegen)

§ 38a StVZO ab 01.01.1962 Diebstahlsicherung rückwirkend für alle erforderlich

§ 38a StVZO vor 01.01.1962 Sicherung gegen unbefugte Benutzung durch loses Zubehör (nur mit Ausnahme-genehmigung)

§ 38b StVZO ab 01.10.1998 Pkw Alarmsysteme müssen RL 74/61/EWG entsprechen

§ 40 StVZO vor 01.01.1957 Keine Kennzeichnungspflicht für Sicherheitsglas

§ 41 StVZO ab 01.01.1991 Bremsanlage von Pkw muß RL 71/320/EWG entsprechen

§ 43 StVZO ab 01.10.1974 Abschleppöse vorn erforderlich, wenn Anhängelast, dann auch hinten erforderlich

§ 47a StVZO ab 01.07.1969 Pkw mit Ottomotor AU pflichtig

§ 47a StVZO ab 01.01.1977 Pkw mit Dieselmotor AU pflichtig

§ 50 StVZO ab 01.08.1988 Hauptscheinwerfer Anbauhöhe untere Spiegelkante größer / gleich 500 mm, oberster Punkt leuchtende Fläche kleiner / gleich 1250 mm

§ 50 StVZO ab 01.01.1990 Leuchtweitenregulierung erforderlich

§ 52a StVZO ab 01.01.1987 Pflicht für Rückfahrscheinwerfer

§ 53 StVZO vor 01.07.1961 Eine Bremsleuchte zulässig

§ 53 StVZO vor 01.01.1983 Bremslicht auch gelb zulässig

§ 53 StVZO vor 01.01.1983 Brems- und Blinklicht als Baueinheit zulässig (Einkammerleuchte)

§ 53 StVZO vor 01.01.1986 Getrennte Absicherung von Schlussleuchten oder sinnfällige Ausfallanzeige erforderlich

§ 53 StVZO ab 01.01.1986 Getrennte Absicherung von Schlussleuchten erforderlich

§ 53d StVZO ab 01.01.1991 Nebelschußleuchte erforderlich

§ 54 StVZO vor 01.01.1970 Fahrtrichtungsanzeiger auch rot zulässig

§ 54 StVZO vor 01.04.1974 Winker mit gelben Blinklicht zulässig

§ 54 StVZO vor 01.04.1974 Gelbe Pendelwinker zulässig

§ 55a StVZO ab 01.01.1962 Funkschutzzeichen für Funkentstörung erforderlich

§ 57 StVZO ab 01.01.1991 Geschwindigkeitsmesser muss RL 75/443/EWG entsprechen

§ 59 StVZO vor 01.04.1952 Ort der Anbringung des Fabrikschildes beliebig

§ 59 StVZO vor 01.04.1952 Angabe des Fahrzeugtyps auf dem Fabrikschild nicht erforderlich

§ 59 StVZO vor 01.10.1969 FIN** darf auch eingraviert sein

§ 59 StVZO vor 01.10.1969 FIN auch auf genietetem Schild zulässig

*BAG = Bauartgenehmigung
** FIN = Fahrzeug-Identitätsnummer

Zwar wird die StVZO gerade reformiert und in die FeV/FZV/FBV/FGV überführt, aber außer den §§-Nummern dürfte sich inhaltlich da nichts ändern.