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Dem Ingenör is nix obskör II

Eh man es sich versieht, sind ruck-zuck zwei Jahre um.
Das bedeutete, dass der Rialto wieder zur Hauptuntersuchung musste.
Erstmals nicht bei meinem Haus-und-Hof-TÜV-Prüfer in Osnabrück (welcher sich mittlerweile zu einem echten Dreirad-Spezialisten gemausert hat, da auch andere Reliant-Fahrer aus der Republik, auf meine Empfehlung hin, extra zu ihm gefahren sind).
Da hieß es also neben der üblichen Frühlings-Wiederbelebung auch die nötigen Unterlagen zusammen zu stellen bzw. den dicken Ordner einzupacken.
Die Wiederbelebung gestaltete sich erwartungsgemäß unspektakulär.
Die Batterie vom neuen Erhaltungsladegerät in den Rialto geschraubt, alle Flüssigkeiten gecheckt, Zündspule abgeklemmt und mittels Anlasser georgelt, bis die Öldruckleuchte erloschen ist.
Anschließend wieder die Zündspule angeklemmt, Choke gezogen und nach kurzem orgeln (der Sprit musste ja erst wieder die Leitungen füllen) sprang der Motor an und lief direkt rund.
Auch die folgende Proberunde verlief ebenfalls ohne unerwartete Vorkommnisse.
Die Beleuchtung funktionierte einwandfrei (nachdem ich mich erinnert hatte, welcher Schalter für die Nebelschlussleuchte zuständig ist).
Lediglich die Warnblinkanlage brauchte 2-3 Betätigungen, bis sich eine einhellige Meinung über die einzelnen Zuständigkeiten bei den Blinkern gebildet hatte.
Die Bremse bedurfte ebenfalls einiger Probebremsungen auf einem leeren Parkplatz, bis der Rost der Standzeit runter und eine einheitliche Kraftentfaltung wieder gegeben war.
Anschließend bei einer nahen Tanke mit frischem Super-Plus vollgemacht, den Reifendruck gecheckt und in einer Waschbox den Tiefgaragenstaub der letzten Monate abgewaschen.
Damit waren die technischen Vorbereitungen abgeschlossen.

Leider konnte mir beim Magdeburger Oldtimerstammtisch niemand einen Prüfer mit Herz für Oldtimer empfehlen, so dass ich auf gut Glück losfahren musste.
Erste Anlaufstelle war die Dekra-Filiale in der Brenneckestraße. Dort hatte man zwar Zeit für mich, allerdings wurden der junge Prüfer und ich uns ziemlich schnell einig, dass wir uns nicht einig wurden. Auch Telefonate mit Vorgesetzten und Kollegen führten zu keinem gemeinsamen Nenner, was die Anwendbarkeit bestimmter Vorschriften angeht.
Also Krams wieder zusammengepackt und eine Station des TÜV-Nord angesteuert. Die erste hatte geschlossen, die zweite war glücklicherweise offen:
HU 2014
Der Prüfer dort war mir auf Anhieb sympathisch.
Auf eine erste Erläuterung meines Anliegens folgte ungläubiges Gelächter. Der Prüfer meinte, dass wir beide Glück hätten, dass der Kunde, der den 15-Uhr-Termin gehabt hätte, vorhin absagte, so dass er reichlich Zeit für mich hätte. Noch immer lachend forderte er den Zündschlüssel und meinte: „Also damit lasse ich mir eine Proberunde nicht entgehen! Und Sie kommen mit, um mich einzuweisen.“
Vor dem Auto stehend erklärte ich schnell, dass er auf der Seite, auf der er stehen würde kein Lenkrad finden würde, was mit weiterem lachenden Kopfschütteln beantwortet wurde. Die Probefahrt wurde weiter grinsend absolviert, während ich ein paar erläuternde Worte sprach.
Am Ende stand die Diagnose „Handbremse zieht etwas einseitig“. Nach der Erklärung des kurz zuvor beendeten Winterschlafs war aber auch das in Ordnung. „Bremst sich noch ein“. Der Leuchtweitentester attestierte ein wenig hoch eingestellte Scheinwerfer, aber auch das war kein zu monierender Mangel. Um den Rialto von unten zu begutachten, musste ich rückwärts über die LKW-Grube fahren, bis das Vorderrad an der Kante stand. Das kannte ich schon aus Osnabrück.
Ich habe die Chance dann genutzt, mit dem Prüfer zusammen einen Blick unter den Rialto zu werfen. Auch hier erklärte ich dem interessierten Ingenieur ein paar konstruktive Besonderheiten und plauderte locker mit ihm.
Am Schluss stand eine neue HU ohne erkennbare Mängel:
HU-Bericht 2014
Sehr schön!
Wie ihr sehen könnt, muss der Rialto erst im Februar 2016 wieder hin, obwohl er eigentlich im Dezember 2013 dran war. Adieu Rückdatierung!
Allerdings war ich auch auf den letzten Drücker da, denn man kann nur zwei Monate ohne Mehrkosten überziehen!

Ich habe die Chance genutzt und mit dem Prüfer gleich das Mitte des Jahres anstehende H-Gutachten besprochen. Auch hier sieht er keine Probleme. Lediglich den tiefen Kratzer im rechten Kotflügel soll ich etwas kaschieren. Aber das steht eh auf meinem Programm, wenn der Bond Bug wieder läuft. Schmunzelnd meinte er dann noch, dass es nett wäre, wenn ich ein paar Unterlagen (Verkaufsprospekte, etc.) zum H-Gutachten mitbringen könnte. Er hätte schließlich keine Ahnung, wie so ein Rialto im Original aussehen würde… Auch das kein Problem und natürlich verständlich. Habe ich mittlerweile alles angesammelt.
Abschließend habe ich ihn dann noch auf den Bond Bug vorbereitet, der ebenfalls neuen TÜV braucht, wenn er fertig ist.
Er meinte, dass er sich schon darauf freuen würde und gab mir eine Visitenkarte mit Handynummer, damit ich einen Termin mit ihm abmachen könne, „damit wieder genügend Zeit für eine Probefahrt ist“. Aber gerne doch.
Am Schluss machte er noch selbst ein Foto vom Rialto, „weil die mir das sonst heute Abend nicht glauben“.

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass ich diesen Prüfer vorbehaltlos für Oldtimer und exotische Autos empfehlen kann.
Der Mann hat neben Sachverstand auch ein Herz und das rechte Augenmaß für die Besonderheiten solcher Fahrzeuge.
Schön, auch hier in Magdeburg so jemanden gefunden zu haben.

gut achten

Wie ihr vielleicht schon gehört habt, tritt mit dem 01.10.2011 eine neue Richtlinie, für die Begutachtung von Fahrzeugen welche gemäß § 23 StVZO als Oldtimer (H-Kennzeichen) eingestuft werden sollen, in Kraft.
Die neue Richtlinie vereinfach/regelt vieles, was bisher umstritten war und liefert gleichzeitig viele neue schwammige Rechtsbegriffe. Ein Fest für den Juristen in mir.
Bisher galt eine Richtline aus dem Jahre 1997. Die findet ihr bei Interesse z.B. hier.
Die neue Richtline wurde am 15.04.2011 im Verkehrsblatt Nr. 7 Seite 257ff. (VO-Nummer 83) veröffentlicht.
Ihr findet sie im Original-Text hier.
Da ich weiß, dass euch Gesetzestexte (im weitesten Sinne) nur langweilen, gibts hier mal die wesentlichsten Neuerungen knackig zusammengefasst:

  • Begutachtung nicht mehr nur durch TÜV/Dekra, sondern geschulte Prüfingenieure aller amtlich anerkannten Sachverständigenorganisationen
  • Entfall der Mindestanforderung „Zustandsnote 3“
  • Dafür nur noch neben Originalität ein guter Pflege- und Erhaltungszustand in Abgrenzung von „normalen alten“ Fahrzeugen.
  • Die Hauptbaugruppen müssen angelehnt an den damaligen Originalzustand oder zeitgenössisch ersetzt sein
  • Durch eine zusätzliche Ausrüstung und Ausstattung darf der Originaleindruck des Fahrzeugs nicht beeinträchtigt werden
  • Erstzulassung vor 30 Jahren ist kein zwingendes Kriterium mehr (Stichwort: nie zugelassen). Ausnahmegenehmigung möglich
  • Zeitgenössische Umbauten nun auch möglich, wenn nicht in den ersten zehn Jahren nach Erstzulassung erfolgt
  • Nun auch Änderungen möglich die im gleichen Zeitrahmen hätten vorgenommen werden können („epochengerecht“)

Was diese Neuerungen wirklich bringen oder ob alles so weiter geht, wie bisher, weiß ich noch nicht so genau.
Da jedoch einige „harte“ Kriterien (z.B. Alter der Umbauten) weggefallen sind, erwarte ich wesentlich mehr „heiße Kisten“ mit H-Kennzeichen und andere auch fragwürdige Umbauten. Man muss ja jetzt nur noch irgendeinen Sachverständigen finden, der das in seinem sehr breiten Ermessensspielraum abnickt. Das war zwar bisher auch möglich, erforderte jedoch einigen Aufwand.
Ich will das auch gar nicht als gut oder schlecht werten. Ist nur eine objektive Prognose.

Papierkrieg

Mittlerweile tendiere ich immer mehr zu einem post-1986er-Rialto.
Unterstützt wird das Ganze dadurch, dass ich es mittlerweile geschafft habe, Kopien von Papieren zu bekommen.
Ich habe mittlerweile eine schlechte Briefkopie eines österreichischen Rialto 2 GLS von 1992 und eine hochauflösende Kopie eines deutschen Briefes von einem 1983er Rialto.
Das sollte die Zulassung eines importierten Rialtos wesentlich erleichtern.
Über den Menschen, welcher mir freundlicherweise die Kopien seiner deutschen Papiere zukommen ließ, habe ich auch erfahren, dass man Reliant Rialtos über OCC bei der Provinzial für ca. 160€ (bei 100%) im Jahr versichern kann. Das finde ich eine vertretbare Summe.
Außerdem habe ich über das R3W-Forum Kontakt zu einem Niederländer aus Enschede (100 km von Osnabrück), welcher mehrere Reliants hat und mir davon schon einen angeboten hat. Der entsprach aber nicht so recht meinen Vorstellungen. Die Zylinderkopfdichtung hatte sich verabschiedet. Eine „Einstiegsreparatur“, die ich mir gerne ersparen würde. Aber wie ihr seht: Es geht voran!
Das enzige wirkliche Problem, dass ich nun noch sehe, ist die Versorgung mit Ersatzteilen, welche speziell in den linksgelenkten Reliants verbaut wurden. Für rechtsgelenkte Modelle ist das kein Problem. Da gibt es noch reichlich in England für. Aber linksgelenkte Modelle waren immer ein Nieschenprodukt für Reliant. Speziell sind unter anderem die Radzylinder und die Lenkung. Also auch Teile, die nach 20+ Jahren gerne verschlissen sein können… naja, mal sehen, was da die Zukunft bringt. Vielleicht kann ich die ja auch horten, wie ich es schon jetzt mit Duo-Teilen angefangen habe.