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undichte Vene II

Nachdem wir die leckende Leitung aus dem 1800 gerissen hatten, ging’s nun drum, womit wir sie ersetzen.
Im Original hatte er eine durchgehende Stahlleitung. Davon war aber nur noch der Bogen über der Achse und ein Teil im Motorraum übrig:
Stahlleitung Rest
Und auch deren Zustand war bedenklich. Sie waren wohl schon mehrfach nach gebogen und auch geflickt worden:
Stahlleitung Rest Detail
Also Neu.
Eine neue Stahlleitung schied direkt aus.
Zum einen kennen wir keine Quelle für eine mit den korrekten Radien und zum anderen ist mir der Kampf noch in lebhafter Erinnerung, den Tobias und ich mit der Ölleitung an seinem Hurst hatten. Da wollte ich gerne drauf verzichten.
Ebenso schied eine durchgängige Gummischlauchleitung aus. Einfach nicht professionell genug. Von der Klemm- und Knickgefahr im Fußraum ganz zu schweigen.
An dieser Stelle will ich auch mal diese Benzinleitungen mit Stahlummantelung anprangern, wie sie früher im Kleinen verlegt waren. Das ist nix anderes als nen dünner Gummischlauch im Kettenhemd. „Stahlflex“ ist was ganz anderes und sieht nur ähnlich aus (Der Preis ist ein deutliches Unterscheidungsmerkmal)! Die blöden Stahlummantelten Dinger lassen sich nicht anständig schneiden, zerkratzen den Lack, quellen unbemerkt zu und haben keine innere Verstärkung. Nix reelles.
Also mal nach Kunifer bzw. Kupferleitungen mit passendem Innendurchmesser gesucht. Die kann man selber biegen und sie sind unempfindlich gegenüber Korrosion. Nachteil ist, dass das Kupfer beim biegen spröde wird und bei kleinen Radien die Gefahr besteht, dass die Leitung knickt. Der Preis ist auch nicht zu verachten. Die 5-Meter-Rolle liegt bei 45 €.
Beim stöbern im Online-Shop von „Autoteile Plauen“ (dem geneigten Leser von meinem Elektrikumbau beim Bug schon bekannt) stolperten wir dann über Leitungen aus Polyamid.
Ein Wunderzeug!
Geringer Strömungswiderstand durch glatte Innenwandung, hervorragenden Festigkeit und Zähigkeit, mechanische Beständigkeit gegen Abrieb, Stoß und Schwingungen, kleine Biegeradien möglich, einfache Montage, geringes Gewicht, nichtrostend, beständig gegen alles bis auf Säuren, einfach zu verarbeiten und billig.
Der Meter kostet im passenden Durchmesser gerade mal 2,75 €. Das sind für 5 Meter läppische 13,75 €!
Dank der Freigabe PA12 HIPHL-sw nach DIN 73378 und DIN 74324 sind sie auch explizit für die Verwendung als Kraftstoffleitungen im modernen Fahrzeugbau zugelassen.
Ideale Ausgangsvoraussetzungen für ein Experiment am lebenden Fahrzeug.
Wir orderten die verstärkte Version mit 1,5mm Außenwandstärke, passende Verstärkungshülsen und für die Übergänge NBR-Gummileitung (quillt nicht zu).
Ratzeputz wurde auch geliefert:
Polyamidleitung
Die Verarbeitung ist denkbar einfach. Mit einem scharfen Cutter und etwas Nachdruck lässt sich die Leitung sauber schneiden.
Will man mit Schlauchschellen arbeiten, ist es wichtig, die Enden mittels Hülsen zu verstärken:
Verstärkungshülse
Bögen und andere Radien lassen sich ganz einfach mittels Heißluftfön dauerhaft realisieren.
Um euch zu zeigen, wie leicht sich die Polyamid-Leitung formen lässt, hab ich mal ein kleines Experiment vorbereitet.
Das hier ist ein Abschnitt in seiner „Ausgangsbiegung“, sowie ein 32er Maulschlüssel als Biegelehre:
Biegeexperiment 1
Kurze Zeit mit dem Heißluftfön auf mittlerer Stufe erwärmt und mit der Kombizange in Form gezogen sah das Ganze so aus:
Biegeexperiment 2
Wie man im Detail sieht, erscheint das Material nicht spröde oder bildet „platte“ Stellen:
Biegeexperiment 3
Ich bin wirklich begeistert!
Wir haben jetzt auch die Spritleitung vom Kleinen in einem großen Stück nachgeformt. Vom Tankanschluss bis zum Filter an der Benzinpumpe ist es jetzt ein nahtloses Teil. Nix mehr mit stückeln und Lecks.
Und sollten wir die Leitung irgendwann mal entfernen müssen und sie nicht in einem Stück wieder raus bekommen (warum auch immer), dann schneiden wir sie einfach durch. Scheiß auf die 8,25 € für die benötigten drei Meter.

Abschließend möchte ich die folgenden Bilder noch nutzen um eindringlich vor der Verwendung von „geschlitzen“ Schlauchschellen zu warnen.
Ich meine diese Dinger, bei denen das Gewinde als Aussparung im Metallband der Schelle ist.
Hier ein Bild von einer dieser Schellen und dessen, was sie mit einem Benzinschlauch im Kleinen gemacht hat:
Schlauchschelle eingeschnitten
Auf den ersten Blick mag das nicht sonderlich dramatisch wirken, aber sie hatte sich tief in den Schlauch eingeschnitten und durch Vibration die durch das Gewinde gepressten „Würste“ teilweise abgeschnitten.
Im Gegensatz hierzu eine Schelle mit glatter Innenseite, welche genau so lange auf dem anderen Ende des Schlauches saß:
Schlauchschelle glatt
Keine erkennbare Beschädigung.
Nicht umsonst erlaubt der TÜV bei Leitungen mit gefährlichen Stoffen keine geschlitzten Schellen (Ob das auch immer durchgesetzt wird ist natürliche eine andere Frage).

Chrysler 300 Zen

Am Samstag haben mein Bruder und ich ein wenig buddhistische Meditationsübungen am Hurst vorgenommen.
Dies war nötig, weil Tobias ihn vor einiger Zeit vom Wagenheber geschubst hatte und die Ölleitungen zwischen Getriebe und Kühler sich davon tief beeindruckt zeigten:
Chrysler 300 Hurst Ölleitungstausch14
In dem meinem Bruder eigenen Originalitätsstreben, hatte er dann in den Staaten einen Satz Edelstahl-Ersatzleitungen geordert, welcher nach original Spezifikationen gefertigt sein sollte. Der Relativsatz beißt euch, oder?
Doch von Anfang an:
Um ca. 12 Uhr rollten wir den Hurst von seinem Stellplatz in der Tiefgarage:
Chrysler 300 Hurst Ölleitungstausch13
(Hinten seht ihr übrigens die schon angesprochenen „Ho-Chi-Min“-Trecker-Reifen)
Dann gings an den Ausbau. Damit uns die ganze Suppe nicht in den Keller läuft, wurde kurzerhand einer auf Heavy Metal gemacht:
Chrysler 300 Hurst Ölleitungstausch17
Die abgesäbelten Griffel kamen mit Kabelbindern über die Enden der Schraubverbindungen:
Chrysler 300 Hurst Ölleitungstausch21
Die Verbindungen gingen überraschend leicht auf. Kein Vergleich zu dem Kampf, den ich mit Sir Edwards alten Bremsleitungen geführt habe.
Die alten Leitungen unter dem Wagen weg zu bekommen, hat seine Zeit gedauert. Die Leitungen hängen da nämlich nicht einfach so drunter, nein, sie verlaufen Kreuz und quer über irgendwelche Träger, führen in Bögen um Baugruppen und waren aneinender geklipst. Das war wie ein überdimensionales Knotenspiel…
Im ausgebauten Zustand konnten wir sie dann zum ersten mal neben die US-Repros legen:
Chrysler 300 Hurst Ölleitungstausch25
Die Bögen und Knicke waren tatsächlich an ähnlichen Stellen und hatten auch ähnliche Dimensionen.
Das „ähnlich“ hat uns dann bis nach 23 Uhr aufgehalten……
Was ein Dreck!
Die Dinger passten hinten und vorne nicht.
Und versucht mal Edelstahlleitungen von Hand zu biegen! Da drückt ihr nur nen Köttel in die Buxe und sonst passiert nix!
Was hat Tobias geflucht… Ich hingegen habe mich in meditativer Resignation geübt.
Letztere war auch die einzige Lösungsmöglichkeit: Einfach das meditative Element der fruchtarmen Biegeversuche erkennen und weiter machen.
Die (zum wiederholten mal) vorbeikommenden Passanten bedachten uns schon mit mitleidigen Bemerkungen.
Irgendwann hatten wir die Leitungen dann soweit, dass sie nirgendswo scheuerten und auch auf ihren Anschlüssen annähernd gerade saßen.
Eine abschließende Proberunde hinterließ keine Öltropfen.
Mal sehen, ob es auch dauerhaft dicht ist.

Als Lektion nehme ich mit, dass ich NIEMALS Edelstahlleitungen irgendwo am Kfz verbauen werde! Mit Kunifer-Leitungen wäre der Drops nach maximal 3 Stunden gelutscht gewesen.

Ich hab gehört, ich soll hier ein Rohr verlegen?

Ein kleines unwichtiges Detail fehlte ja noch immer bei Sir Edward: funktionierende Bremsen.
Um die Bremstrommelabdeckplatte überarbeiten zu können, musste ich ja die Bridge-Pipe durchkneifen, da sie festgegammelt war. Auch die anderen Verschraubungen sahen nicht sehr vertrauenserweckend aus:

Daher hatte ich beim Korrosionsschutz-Depot auch alles bestellt, was ich zum nachfertigen der Leitungen benötigte:

Nur hatten sie leider kein „Know-how“ im Angebot. Und auch Profi-Werkzeug sollte sehr teuer sein.
as meinte ja mal, dass er einen Bekannten hätte, der sein Hazet-Bördelwerkzeug eventuell verleihen würde. Leider meinte der Bekannte (dessen Name ich leider schon wieder vergessen habe…) aber, dass es ihm persönlich zu gefährlich wäre, wenn jemand ohne Ahnung sich an Bremsleitungen wagen würde. Da bräuchte man schon Erfahrung zu. Daher wollte er sein Gerät nicht verleihen.
Im ersten Moment natürlich schade. Allerdings wurde die Nachricht im nächsten Moment wesentlich besser: Ich könnte aber gerne mit meinen Plünnen bei ihm vorbei kommen und die Leitungen mit ihm zusammen vor Ort bördeln…
YES! Know-How und Profi-Equipment gleichzeitig. So wünscht man sich das!
Da ich ja nun eh nen Haufen Kunifer-Rohr und Verschraubungen liegen hatte, stand auch direkt fest, dass alle Leitungen neu kommen würden. Also mussten erstmal noch die restlichen alten Leitungen raus.
Hinten rechts:

Hinten links:

Wirklich schwierig war nur die Verschraubung der nach hinten führenden Leitung im Motorraum. Da oben neben der Zündspule sitzt sie:

Da kam man weder von unten noch von oben mit nem Bremsleitungsschlüssel drauf. Einfach zu wenig Platz zum drehen. Erst mit einem schräg aufgesetztem Maulschlüssel ging die Verschraubung gaaanz langsam ab.
Die beiden Leitungen vom Hauptbremszylinder durch den Motorraum habe ich nicht ausgebaut und nachgefertigt. Die sehen aufgrund ihrer geschützten Einbauposition noch sehr gut aus.
So sahen dann die ausgebauten Leitungen auf dem Werkstattboden ausgelegt aus:

Rechts im Bild ist vorne, links hinten. Leider habe ich vergessen, die Leitungen zu vermessen, um es hier zu dokumentieren. Wird aber nachgeholt!
Mit den ausgebauten Originalen als Muster, dem Kunifer-Zeugs, Tobias und as habe ich mich dann auf den Weg zu dem Bekannten gemacht. Ich war besonders erfreut, als wir eine professionelle Autowerkstatt ansteuerten.
Nach einigem rätseln des Bekannten über die komischen englischen Bördel und damit einhergehendem Zittern meinerseits, ob die Hazet-Bördelmaschine die überhaupt kann, ging es ans Werk. Ich hab die Originale vermessen und neue Leitung abgeschnitten, as hat die Stücke entgratet, Tobias die passenden Überwurfschrauben/-Muttern aufgesteckt und der Bekannte hat gebördelt. Lief wie am Schnürchen. Danach habe ich mich noch ein wenig an einem Biegewerkzeug versucht, um die neuen Leitungen in Form zu bringen. Das führte dann beinah zum Desaster einer kaputten Leitung, da ich einfach zu doof dafür war („Naja, dann muss das Diff einfach wo anders hin…“) und ich brach die Biegeaktion ab. Die Kunifer-Leitungen sind so weich, dass man sie locker von Hand über den Daumen biegen kann (Achtung! Knick-Gefahr!). Das sieht dann zwar nicht so schön gleichmäßig aus, wie mit dem Werkzeug, aber dafür kann ich mit meinem Daumen umgehen. Mit dem arbeite ich schließlich schon, seit ich nuckeln kann.
Nach ca. einer Stunde waren wir fertig. Auf meine Frage hin, was ich für seine Hilfe bezahlen dürfte, meinte der Bekannte nur, dass das schon in Ordnung sei. Er wollte partout kein Geld haben. Mal wieder eines der tollen Erlebnisse bei Sir Edwards Restaurierung! Vielen Dank nochmals!! Ohne Sie wäre das bei weitem nicht so reibungslos gelaufen!
Leider war ich so konzentriert bei der Arbeit, dass ich weder davon, noch von der Werkstatt ein Foto gemacht habe, um hier wenigstens ein wenig zu werben. Vielleicht kann as ja noch ein paar Details zu der Werkstatt seines Bekannten (gerne mit Link) liefern, damit ich mich etwas revanchieren kann.
Eine gold-glänzende Pracht sind die neuen Leitungen:

Mit den neuen Leitungen habe ich auch neue Halterungsclips bestellt:

Wie schon mal angesprochen, hat Sir Edward hat im Original ja Doppel-Clips, um auf einem Halter Brems- und Benzinleitung zu fixieren:

Die neuen Clipse geben mir die Möglichkeit die dicke Benzinleitung an den Haltepunkten ebenfalls zu fixieren:

Sitzt sogar recht fest:

Mal sehen, was der TÜV sagt. Wenn die das nicht mögen, muss ich mir was neues überlegen.
Aber erstmal wird’s so gemacht und es war Zeit für den Einbau der Leitungen.
Vorne:

Hinten:

Längs unterm Wagen:

Zugegeben: Es sieht etwas eierig aus. Aber ich finds trotzdem sehr sexy!
Lecker, Lecker.
Natürlich habe ich auch gleich neue Bremsflüssigkeit eingefüllt. Ich habe ein wenig Angst, dass ich eventuell zu lange gebraucht habe und die Bremszylinder (welche ja nun recht lange ohne irgendwelche Bremsflüssigkeit waren) durch die Luftfeuchtigkeit Flugrost angesetzt haben. Das könnte unter Umständen die feinen Dichtlippen der Zylinder beschädigen, sowie zu schlechtem Bremsverhalten und der Notwendigkeit neuer Zylinder führen…. „ungerne….“
Naja, wird die Zeit zeigen. Ist jetzt eh zu spät.
Erstmal mussten die Kabel der Bremsflüssigkeits-Warnleuchte am Hauptbremszylinderreservoirdeckel ab:

Auch nen cooles Feature, wie ich finde. Im Deckel befindet nämlich sich ein Schwimmer, welcher, wenn der Bremsflüssigkeitsstand unter ein gewisses Limit sinkt, einen Kontakt schließt, welcher wiederum eine Leuchte im Armaturenbrett zum bedrohlichen glimmen bringt.
Der Blick in den Vorratsbehälter förderte dann die nächste Überraschung zutage:

Der Flüssigkeitsbehälter hat eine Trennwand. Das ist ein starkes Indiz für ein Zweikreisbremssystem. Der Blick unter den Behälter bestätigte diese Vermutung:

Hier finden sich auch zwei Abgänge in den Zylinder. Zweikreis-Bremsanlage. Jear!
Sollte also einer der Kreise (Hinterräder oder Vorderrad) undicht sein und Bremsflüssigkeit verlieren, so verhindert die Trennwand, dass der Vorratsbehälter gänzlich leer läuft und ich gar keine Bremsleistung mehr habe.
Im Vorratsbehälter fand sich etwas grauer Schmodder, den ich, so gut es ging mit einem Lappen aufgewischt habe. Keine Ahnung, was das war.
Zum entlüften verwendete ich die klassische Marmeladenglas-Technik:

Anleitungen hierzu gibts im Netz zu Hauf. Da muss ich glaube ich nix mehr zu schreiben. Als Bremsflüssigkeit verwendete ich handelsübliche DOT-4-Bremsflüssigkeit. DOT 5 auf Silikonbasis is Hexenwerk. DOT 5.1 bekommt man nicht zu zivilen Preisen und hat in meinen Augen keinen merklichen Vorteil (in einem Rialto). Angst wegen Unverträglichkeit habe ich keine. Die Radbremszylinder, alle Schläuche, der Hauptbremszylinder und die Leitungen sind ja (teilweise relativ) neu. Die sollten dann DOT 4 vertragen.
Das Bremspedal ist jetzt schön knall hart, wenn man ca. 1/3 seines Weges zurück legt. Ich bin auf die Testfahrt gespannt.

Nachtrag: Ich habe nun die alten Leitungen vermessen und ein bemaßtes Foto hier eingestellt.