Auf dem Rückweg vom 3. Roller- und Kleinwagentreffen in Billerbeck fing der Bug wieder das stottern an. Ich war kurz davor den AVD zu rufen, schleppte mich jedoch mit Warnblinkanlage bis in die Nähe von Osnabrück und fuhr dann über Land die letzte Strecke (unter Lastwechsel tritt das Problem nicht auf). Spritmangel war die erste Diagnose.
Das konnte so nicht weiter gehen! Also begab ich mich Sonntag Morgen daran, den Vergaser zu zerlegen.
Der Plan war, passend zum „Attack of the Altwagen“ alles wieder zusammen zu haben und dort dann entspannt hin zu cruisen um auch den letzten Tag des Kurzzeitkennzeichens ausgenutzt zu haben.
Der Bug hat nicht, wie Sir Edward, einen Wald & Wiesen-SU-Vergaser, sondern einen recht exotischen Zenith 30IZ bzw. 301Z (die Bezeichnungen variieren):
„British Made“ wie man lesen kann 🙂
Der Zenith-Vergaser ist keine einfache Materie, wie man schon der Explosionszeichnunge entnehmen kann:
Viele kleine filigrane Teile, die einem weg purzeln oder verdrecken können, wenn man ihn auseinander nimmt.
Teil dieser großen Komplikation ist, dass der 30IZ über eine eigene Beschleunigerpumpe verfügt, was seinen Aufbau weiter verkompliziert. Entsprechend gemischt waren meine Gefühle, als ich ans Werk gegangen bin.
Leider findet sich im Netz auch kaum Literatur zu diesem Vergaser.
Daher nutze ich diesen Artikel mal um wenigstens etwas Wissen zu transportieren und vor groben Schnitzern zu bewahren.
Der erste Fallstrick wartet direkt am Gasbowdenzug auf:
Die kleine Hohlschraube, mit der der Zug festgeklemmt wird, ist nach dem ausfädeln des Selbigen lose. Ebenso die Unterlegscheibe. Also am besten direkt in eine kleine Tüte packen. Da kann dann auch direkt die Rückholfeder des Gaszuges mit rein.
Auf der Rückseite muss man die Klemmschraube des Choke-Zuges lediglich ein wenig lockern, um ihn ausfädeln zu können:
Die Klammer, mit der die Hülle des Choke-Zuges am Vergaser befestigt ist, sitzt unter reichlich Spannung:
Wenn sie euch nicht, wie mir, als Schrapnell durch die gesamte Garage fliegen soll, einfach mit der freien Hand fest halten.
Nun kann auch auf der Rückseite die Unterdruckleitung zum Verteiler abgezogen werden.
Danach muss die Benzinleitung ab. Sollte eure Verschraubung genau so rund genudelt sein, wie die von meinem Bug, hilft mal wieder die Knipex Schraubzange:
Abschließend noch die beiden 1/2″-Muttern, die den Vergaser auf dem Ansaugkrümmer halten lösen und man kann ihn runter nehmen:
Der Zustand der Dichtungen sagt schon mal viel über den Pflegezustand. Die Sprit-Pfütze entsteht übrigens durch die Beschleunigerpumpe. Wenn man beim demontieren der Gaszug-Rückholfeder zu viel/zu hastig wurschtelt, spritzt die jedes mal einen ordentlichen Strahl in den Ansaugtrakt. Bei langsamer Betätigung passiert das nicht.
Danach kann man sich erstmal in Ruhe den Vergaser angucken:
Oben sieht man z.B. schön die Drosselklappe des Chokes.
Sobald ich mein Backpulver-Strahl-Verfahren perfektioniert habe, läuft er da mal durch. Ist ja kaum mit anzusehen, wie dreckig der ist.
Auch die Mechanik der Beschleunigerpumpe (unten rechts) und des Chokes (mitte) darf in einer stillen Minute genossen und befummelt werden:
So handlich offenbarten sich auch direkt die ersten Fehlerquellen. Zum Beispiel war bei meinem 30IZ der Gummianschluss zur Unterdrucksteuerung des Verteilers gerissen:
So wird das nix mit dem Vakuum. Außerdem war er noch durch undefinierbaren Schmodder verstopft. Letzteren beseitigte ein passender Bohrer (von Hand geführt). Ersteren habe ich erstmal mit selbst verschweißendem Isolierklebeband repariert:
Mal sehen, wo ich da tauglichen Ersatz für her bekomme.
Will man (aus mir unerfindlichen Gründen) nur das Benzin aus der Schwimmerkammer ablassen, hat der Zenith 30IZ übrigens eine extra Ablassschraube unterhalb des Einlasses am Boden der Vorratswanne:
Löst man die fünf Schlitzschrauben am oberen Teil, kann man den „Kopf“ abnehmen:
Achtet dabei auf die filigrane und recht komplizierte Dichtung zwischen den beiden Hälften. Wenn die zerreißt, steht akribische Psaligraphie (die Beschäftigung eines Dutzends kleiner Chinesen wird angeraten) an.
Man kann nun den Schwimmer einfach aus der Vorratswanne nehmen. Achtet dabei auf dessen Achse, welche nur lose gesteckt ist. Überprüft auch direkt den Schwimmer, ob er undicht und voller Benzin ist.
Der Blick ist anschließend frei in die Vorratswanne und offenbart eventuelle Verschmutzungen:
Wie ihr seht, schwammen bei mir zwei dicke Brocken im Bängzäng.
Von der Konsistenz her fühlten die Stückchen sich wie Gummi an. Ein direkter Vergleich mit einem Stück der bröseligen Luftfilterpfannendichtung stützt diese Vermutung:
Wie die Stücke jedoch in die Wanne kommen konnten bleibt rätselhaft, da sie keine genügend große Verbindung zum Luftstrom hat. Egal. Raus gefischt und weiter geguckt.
Hat man den „Deckel“ des Vergasers ab, ist es auch eine gute Gelegenheit, dass Schwimmernadelventil zu testen. Einfach kräftig in den Schraubanschluss der Benzinleitung pusten. Am Ventil sollte dann ein spürbarer Luftzug austreten. Ist das der Fall, einfach mal während des pustens die kleine Nadel des Ventils rein drücken (so als würde der Schwimmer hoch kommen). Das muss dann dicke Backen geben. Kommt immer noch Luft aus dem Ventil, ist es defekt und euer Bug fackelt euch die Tage ab, weil der Vergaser über läuft.
Bei mir scheiterte schon der erste durch-blase-Test. Da gabs schon in offenem Zustand dicke Backen. Da musste also was faul sein. Mit einer passenden Nuss lässt sich das Ventil einfach raus schrauben und kontrollieren:
Da ist was faul! Da steckte ein dicker Plocken drin.
Die Pinzette hilft:
Sieht wie ein Stück Dichtung aus.
Danach funktionierte das Ventil wieder, wie es sollte.
Weiter geht die Rundschau:
Der gekröpfte „Hahn“ im obigen Bild ist übrigens Teil der Beschleunigerpumpe und spritzt bei jeder hastigen Betätigung einen Strahl Benzin in den Ansaugtrakt. Beim hantieren kommt das natürlich öfters vor. Also am besten eine Schale unterstellen. Das es dabei neben dem Hahn her quaddelt, muss euch nicht verunsichern, da dieser nur mit einem O-Ring gesteckt ist. Man kann ihn einfach nach oben raus ziehen:
Hier sieht man auch die Ausgleichs- (175) und Nebendüse (45). Wobei ich nochmal checken muss, ob die 45er-Düse korrekt ist. Das Handbuch für den Regal (mit identischem Motor) schreibt eine 60er-Düse vor.
Wenn man nicht noch tiefer vordringen will, kann man nun wieder die beiden Hälften zusammen setzen. Achtet dabei darauf, dass der federbelastete „Arm“ der Choke-Klappe auf dem „Rücken“ des Betätigungsmechanismusses liegt:
Ansonsten funktioniert der Choke später nicht mehr und ihr dürft nochmal alles demontieren.
Wie es immer in den Werkstatthandbüchern heißt: „Der Zusammenbau erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.“
Ich habe mir dann noch die marode Gummidichtung der Luftfilterpfanne vorgenommen:
Die sieht wirklich schlimm aus. Bröselig, Stück fehlen und überlackiert. Da besteht ebenfalls dringender Handlungsbedarf!
Für die Zwischenzeit habe ich wieder das Isolierklebeband ausgepackt:
Das sollte zum einen ein wenig abdichten und zum Anderen verhindern, dass weitere Brösel in den Vergaser kommen.
Das einfädeln des Gasbowdenzuges war eine Geduldsprobe, da er am Ende etwas aufgespelzt ist und so natürlich nicht durch die winzige Bohrung in der Schraube wollte:
Sehr dünnes Klebeband (Tesafilm) kann hier eine Hilfe sein.
Beim abschließenden einhängen der Gaszug-Rückholfeder passierte dann das Malheur:
Die Feder brach einfach stumpf ab.
Da ich auf die Schnelle auch keinen Ersatz organisieren konnte (Danke an die, die ihre Garagen nach was passendem durchwühlt haben!), war das „Attack of the Altwagen“ natürlich gestorben. Schade.
Naja, wenigstens hoffe ich nun dem Bug das Stottern abgewöhnt zu haben. Meine Vermutung lastet auf dem verstopften Nadelventil.
Sobald er zugelassen ist, werde ich berichten.
In der Zwischenzeit suche ich mal nach einem Ersatzteilhändler für Zenith Vergaser…